„Tusind Tak!“ So war’s auf dem SPOT Festival in Dänemark
Auf dem SPOT Festival im dänischen Århus präsentierte sich die skandinavische Musik-Elite. Namen, die man sich merken sollte: Jenny Wilson, Vinnie Who, Mugison. Hier der Nachbericht mit Foto- und Videogalerie.
Naja, der Festival-Wetter-Gott hatte es nicht ganz so gut gemeint mit dem diesjährigen SPOT Festival im dänischen Städtchen Århus, aber das tat weder der guten Stimmung noch der Fülle an interessanten Newcomer-Acts einen Abbruch.
Das SPOT Festival bietet in jedem Jahr aufs Neue skandinavischen Künstlern verschiedener Genres eine Plattform vor zukünftigen Fans und Fachleuten aus der Branche ihr Können zu zeigen. Musiker, die in der Vergangenheit nach diesem Event den Sprung auf die internationalen Bühnen geschafft haben, sind beispielsweise heute bekannte Namen wie Kashmir, Shout Out Louds oder Sigur Rós.
Das in diesem Jahr bereits zum 17. Mal stattfindende Festival vereinte erneut mehr als 100 Musiker aus Dänemark, Island, Finnland und Schweden auf zwölf Bühnen, die sich entweder in dem im Stadtzentrum von Århus gelegenen Musikhuset oder in der Nähe gelegenen Veranstaltungsorten befanden. Die Mischung reichte von charmantem Folk-Rock ( Let Me Play Your Guitar), über poppige Disco-Sounds ( Vinnie Who) bis hin zu hartem Punk-Rock (Iceage).
Aber welche Auftritte sind denn nun besonders im Gedächtnis und den Gehörgängen haften geblieben? Nun, da wäre zum einen der eben benannte charmante Folk-Rock-Sound, der von einer interessanten deutsch-dänischen Co-Produktion stammte. So hatte sich die dänische Band Let Me Play Your Guitar mit dem deutschen Singer-Songwriter-Duo Talking To Turtles für einen Auftritt zusammengetan. Gesungen wurden die jeweils eigenen Songs, musiziert wurde gemeinsam. Dabei muss man jedoch zugeben – und die dänische Presse tat dies im Nachhinein genauso -, dass das Hamburger Duo Talking To Turtles den dänischen Kollegen musikalisch etwas die Show stahl, waren Gesang und Songs einfach eingängiger und charismatischer. Mit der Folk-Pop-Nummer „Beam Me Up Scotty“ schließlich hatten die Norddeutschen das Publikum vollends für sich eingenommen.
Einen Bombast-Auftritt in jeglicher Hinsicht lieferte die schwedische Sängerin Jenny Wilson im bis auf den letzten Platz besetzten „Großen Saal“des Musikhusets. Mit Gospel-Chor, Catsuit, übergroßer Kopfbedeckung und treffsichere Stimme, bei der wirklich jeder Ton saß, begeisterte die 35-jährige Sängerin, die bereits mit dem Erfolgs-Geschwister-Duo The Knife zusammengearbeitet hat, das Publikum.
Wilson tigerte geschmeidig über die Bühne, vollführte körpernahe Tänze mit einem ihrer männlichen Begleitmusiker oder verausgabte sich am Klavier. Trotz großartiger Stimme und Entertainer-Qualitäten Wilsons, berührte der Auftritt die Autorin dieses Berichtes eher wenig, wenn das Konzert auch sehenswert war. Vielleicht einfach, weil am Ende doch alles zu perfekt und durchgestylt wirkte?
Beim isländischen Singer-Songwriter Mugison konnte hingegen von zuviel Perfektion nicht die Rede sein. In karierter Hose, roten Hosenträgern, Akustikgitarre in der linken und Bierdose in der rechten Hand betrat der bärtige Barde zunächst die Bühne und wirkte während seines Auftritts das ein oder andere Mal etwas unorganisiert. Aber gerade das macht Mugisons Auftritte wohl gerade zu dem, was seine Fans auch immer wieder zu ihm zieht. So erzählte er dem Publikum freimütig, wie er seine heutige Frau damals mit viel Alkohol herumbekommen und ihr deshalb den Song „Two Birds“ gewidmet hatte. Während er diese wirklich schöne Ballade dann auch anstimmte, verschaffte er sich im Verlauf des Songs bei zwei dänischen Damen aus der ersten Reihe lieber noch mal textliche Gewissheit über die dritte Strophe. Der Mann mit der Klampfe lieferte im „kleinen Saal“ des Musikhuset ein atmosphärisch-intimes Akustik-Konzert und bewies damit einmal mehr, dass er – trotz einiger schrulliger Eigenheiten – ein wirklich guter Live-Sänger ist, der das Publikum zwischenzeitlich auch schon mal zum Wolfsgeheul oder Brüll-Gesang anstiftete.
Ein Highlight des ersten Festival-Tages war jedoch der abendliche Auftritt von Vinnie Who im Ridehuset. Niels Bagge wird in Dänemark bereits als „Disco Prinz“ betitelt und das nicht ohne Grund. Im Nu verwandelte der symphatische Sänger das Ridehuset in einen bunten Tanztempel. Mit 9-köpfiger Live-Band im Hintergrund tanzte und sprang das quirlig-charismatische Multi-Talent auf der Bühne umher und verzauberte das Publikum mit unheimlich hoher Gesangsstimme und eingängigem Disco-Pop. Mit seiner Rolle als Live-Entertainer scheint sich Vinnie Who mehr als wohl zu fühlen und spätestens bei seinem in Dänemark bisher erfolgreichsten Song Dance-Song „Remedy“ steht im Ridehuset kein Fuß mehr still.
Auch am zweiten Festival-Tag gibt es viele interessante, musikalische Talente – mit so wirren als auch einprägsamen Namen wie Deer Bear und Alcoholic Faith Mission – zu entdecken. Im Ridehuset gab sich die Schweden-Band Me And My Army die Ehre. Kopf der Formation ist Andreas Kleerup, der sich vor vier Jahren als Produzent von Robyns Megahit „With Every Heartbeat“ hervorgetan hatte. Mit seiner eigenen Band schlägt Kleerup jedoch eher rockigere Töne an. Der Aha-Effekt bleibt bei diesem Auftritt jedoch aus – hat man die ersten drei Stücke von Me And My Army gehört, hat man den Sound der Band verinnerlicht und fühlte sich kaum noch animiert dem weiteren Verlauf des Konzertes zu folgen. Leider eher eine Enttäuschung.
Umso überzeugender dafür der vollbesuchte Auftritt der Kopenhagener Band When Saints Go Machine. Überraschend zunächst, weil an diesem Abend eigentlich Choir Of Young Believers geplant waren, die aber kurzfristig aus familiären Gründen absagen mussten. Überraschend aber auch deswegen, weil die Band, die von sich selbst sagt „Pop mit Elektronik“ zu machen, das Publikum vom ersten Augenblick an in seinen Bann zieht. Auf dem SPOT-Festival sind die vier Mannen zwar keine neuen Gesichter mehr, aber mit ihrem neuen Album „Konkylie“, das von dänischen und anderen europäischen Kritikern bereits hochgelobt wurde, wohl kurz davor den Sprung auch außerhalb des nordischen Landes zu schaffen. Ungewohnt erscheint es erst einmal, dass sich auf der Bühne lediglich Schlagzeug und Synthesizer befinden. Dann beginnt die Show mit pfiffigem Elektro-Pop, unterbrochen von Songs, die mit langen melancholisch-melodischen Flächen arbeiten und einer Stimme von Sänger Nikolaj Vonsild, die an machen Stellen dem zerbrechlichen Falsett-Gesang eines Antony Hegarty ähnelt. Zuweilen wirkten When Saints Go Machine bei ihrem Auftritt, als würden sie sich gar nicht bewusst darüber sein, dass sie sich auf einer Bühne befinden, wenn beispielsweise alle vier an den Synthies rumschraubten, um sich live an neuen Soundtüfteleien zu versuchen. Auf jeden Fall schafften die Dänen es sich selbst samt Publikum in Trance zu spielen. Ein wirklich gelungener Auftritt, mit dem When Saints Go Machine bewiesen, dass sie sicherlich eines der Acts sein dürften, die nach dem diesjährigen SPOT-Festival den europäischen Markt erobern könnten. Die Chancen dafür stehen gar nicht mal so schlecht, denn The Guardian und der NME haben die Dänen schon ganz oben auf ihren Listen der hoffnungsvollsten Newcomer 2011 zu stehen.
Am Ende fühlt man sich fast ein wenig überfordert, ob der Fülle der ganzen Genres und Künstler, die einem in zwei vollgepackten Festival-Tagen geboten wurden. Dennoch verlässt man Århus durchaus inspiriert und ist nun gespannt, von welchen skandinavischen Newcomern man auch bei uns in Deutschland bald mehr hören wird.
Diese Acts blieben in (guter bis sehr guter) Erinnerung: