Truppen-Besuch mit Folgen
Seine Reportage brachte US-General Stanley McChrystal zu Fall. RS-Autor Michael Hastings sieht dennoch schwarz.
Solch einen Coup hatte wohl keiner erwartet. Unsere Kollegen vom amerikanischen Rolling Stone sind zwar daran gewöhnt, dass ihre politische Berichterstattung Aufsehen erregt, aber dass gleich der oberste Befehlshaber in Afghanistan sein Amt verliert – das war dann doch nicht abzusehen, als der Journalist Michael Hastings die Truppen dort besuchte.
Weltweit haben die Medien über die Affäre um Stanley McChrystal berichtet: Der General hatte sich vor Hastings zu mehreren despektierlichen Äußerungen gegen Barack Obama und die US-Regierung hinreißen lassen. Der Präsident zitierte ihn prompt ins Weiße Haus – und „akzeptierte McChrystals Rücktritt“, so die offizielle Sprachregelung. Der General geht nun in Rente – und hat angeblich keinerlei Interesse daran, seine Memoiren zu schreiben.
Hastings tauchte zunächst unter, bloggte dann aber aus Afghanistan, dass die meisten Soldaten und Unternehmer, mit denen er vor Ort gesprochen habe, den Bericht mit „Freude oder Erleichterung“ aufgenommen hätten. Zwischenzeitliche Zweifel an Hastings‘ Methoden zerstreute RS-Redakteur Eric Bates: Alle Zitate von McChrystal und seinem Stab seien verbrieft – und tatsächlich wurde ja kein einziges bestritten. Wie es nun weitergeht? Hastings zumindest bleibt auch nach der Ernennung von David Petraeus kritisch, da der nur für eine „Veränderung des Stils, nicht der Substanz“ stehe. Er malt ein finsteres Zukunftsbild: „Falls der unendliche Konflikt in Afghanistan nicht seinen Ruf als Militär-Genie zerstört, findet sich Petraeus vielleicht 2016 im Oval Office wieder – und überwacht immer noch einen Krieg, der jetzt schon der längste in der amerikanischen Geschichte ist.“ Eine sensationelle Reportage kann vieles ändern, aber eben nicht alles. BF