Trost und Unflat
Polemiken & Grobes von MICHAEL RUDOLF
Michael Rudolf wollte sich mal grundsätzlich zur Qualität des deutschen Biers äußern. Zum „Biergegenpapst“ hatte ihn „Bild“ bereits geadelt – nun wollte er in einer Zeitschrift, deren Leser viel Rockmusik hören und also auch entsprechend reichlich den so genannten Gerstensaft konsumieren, mit deutschen Brauereien abrechnen. Doch Rudolf hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Der Text „Organisiertes Erbrechen“ wurde aus Rücksicht auf Vierfarbanzeigenkunden nicht gedruckt. Ein Skandal, wie er in der heutigen Presselandschaft leider nicht einzigartig ist. Hans Leyendecker, hilf!
Doch nun, in seiner fabelhaften Textsammlung „Trost und Unrat – Polemiken, Abrechnungen, Grobheiten“ (Ventil Verlag, 22 Mark), kommt Rudolfs Rache an den Pantschern zu ihrem Recht. Der Bierforscher geißelt das „Deutsche Reinheitsgebot“, den ältesten Gesetzestext des Deutschen Reiches, der ja vor allem verhindert, dass die Plörre in irgendeiner Region wesentlich anders schmeckt.
In anderen Glossen verunglimpft Rudolf etwa das Verbrauchermagazin „Musikexpress“, das lange Zeit auch „ME/Sounds“ genannt wurde, als Musikzeitschrift „für Leute, die sich überhaupt nicht für Musik interessieren“. Der ROLLING STONE gut ihm immerhin als Zeitschrift „für Vorruheständer“ – sind wir das nicht alle irgendwie?
In „Let there be Schmock“ vernichtet der nun schon Schäumende das „Rock-Lexikon“ als solches und den analfixierten Rolling Stones-Abhängigen im besonderen. Ebenfalls notwendig: die Abrechnung mit dem ehemaligen „FAZ“-Klugscheißer Thomas Steinfeld, dessen „Tonspuren des Lebens“ in „Riff“ auf immer neue Holzwege führen. „Die populäre Kultur ist kultiviertes Mittelmaß“, sülzt der Akademiker, und Rudolf fragt, in welcher Welt solche Sesselfurzer eigentlich leben. Steinfeld jetzt in München, bei der „Süddeutschen Zeitung“. Noch schummere Zumutungen wie Birgit (hier „Igitt“) Schrowange, Kim Fisher und Blixa Bargeld lässt Rudolf Gerechtigekeit widerfahren, ebenso Regine Hildebrandt und den üblichen Grünen in der Reihe „Bei grünen Stars zu Haus“. Für seine Stücke braucht Rudolf nicht viele Seiten, was auch daran liegt, dass sie aus „taz“, „Titanic“ und anderen Publikationen stammen. Da die Ziele weich sind, schießt Rudolf meistens nicht mit Kanonen, sondern setzt feineres Besteck ein: Er bleibt lakonisch. Gorny, zum Beispiel, ist „Der Gleichschalterbeamte“. Dass man der Obszönität der Schrowange fast nicht beikommt, versteht sich. Aber man muss es eben doch.