Tropa De Elite
Der Berlinale-Gewinner von 2008 schildert den Drogenkrieg in Rios Favelas. Wagner Moura, Caio Junqueira, Regie: Jose Padilha
Es ist Krieg in den Favelas von Rio de Janeiro. Das zeigte beeindruckend und erschreckend zugleich schon Fernando Meirelles in „City Of God“. Visuell weniger kunstvoll, dafür aber noch schonungsloser und härter erzählt nun Jose Padilha in seinem Spielfilmdebüt „Tropa de Elite“ vom Alltag einer Spezialeinheit der Militärpolizei. Das oft rohe, ungekünstelt mit der Handkamera inszenierte Werk erhielt auf der Berlinale 2008 den Goldenen Bären. Vor allem der Jury-Vorsitzende Costa-Gravas dürfte sich an die beklemmende Atmosphäre seiner politischen Thriller wie „Z“ und „Der unsichtbare Aufstand“ erinnert gefühlt haben.
Padilha schildert einen Zustand, in dem sich die Fronten längst aufgelöst haben. Die Polizei ist durchweg korrupt und traut sich nur in die verwinkelten Elendsviertel der Millionenstadt, um bei den Drogenbanden das Bestechungsgeld zu kassieren. Sie ist ungenügend ausgebildet, sogar schlechter bewaffnet als die Gegner und auch noch zerstritten: Es wirkt wie eine Satire, wenn sich Offiziere um die einträglichsten Reviere zanken und beim Rivalen Material für defekte Autos klauen lassen. In Wirklichkeit ist es wohl noch schlimmer.
Wie schlimm es sein kann, erzählt Nascimento (Wagner Moura) aus dem Off, was dem Film neben den oft hektischen Bildern einen dokumentarischen Anstrich verleiht. Er ist Anführer einer Einheit der Batalhao de Operacoes Policiais Especiais, kurz BOPE. Die Truppe umfasst rund 100 Elitekämpfer, jagt und liquidiert die Drogenbosse und verachtet die feigen, korrumpierten Kollegen. Doch seit Nascimentos Frau schwanger ist und die Geburt seines Kindes immer näher rückt, befallen ihn bei den gefährlichen Einsätzen lähmende Angstattacken. Er will den Dienst quittieren. Weil der Besuch des Papstes ansteht, verlangt sein Chef aber einen Nachfolger. Den sucht er unter jenen Bewerbern, die bei einem wochenlangen Härtetest mit militärischen Schikanen gedrillt und aussortiert werden. Dabei entdeckt er Andre (Andre Ramiro), einen hitzköpfigen Kampfsportler, und den zurückhaltenden Neto (Caio Junqueiro), der nebenbei Jura studiert. Einer wird sterben und der andere zum Rächer – im Glauben an Gerechtigkeit, nicht im Namen des Gesetzes.
Kompromisslos bis zum erschütternden finalen Schuss am Schluss verweigert Padilha seinen Zuschauern ideologische oder moralische Rückendeckung. Anfängliche Sympathiefiguren entpuppen sich letztendlich als Gefangene eines Systems, das die Gewalt nur noch mit Gewalt bekämpft, Hass sät und Hoffnungen begräbt. Die Elitepolizisten sind zwar unbestechlich, aber gemäß ihres martialischen Totenkopf-Emblems auch unerbittlich: Um etwa Informationen zu erlangen, foltern sie auch mal Dealer. An der Uni beschweren sich die Jugendlichen aus der Mittelschicht über die Polizei, decken sich in den Ghettos aber mit Drogen ein. „Tropa de Elite“ ist ein desillusionierender Höllentrip – und doch fleht jedes krasse Bild um Frieden.