Travis – Berlin, Columbiahalle
Ganz vorn an der Bühne drängen sich die Teenies. Verschämt werden ein paar Tränen zerdrückt, spitze Schreie perforieren den rauschenden Applaus, als Travis ins Rampenlicht treten. Keine vier Monate sind vergangen, seit die Schotten mit reiner Song-Magie an selber Stelle im Rahmen der ersten „Rolling Stone Roadshow“ selbst hartgesottene Skeptiker zum Schmelzen brachten. Inzwischen sind auch die letzten Nachzügler-Medien aufgesprungen, die Plattenverkäufe bewegen sich längst im sechsstelligen Bereich. Das hält noch keinen Vergleich aus mit dem UK, wo achtfach Platin zu Buche steht, aber auch hier zu Lande fließt unaufhörlich Wasser auf die Mühlen derer, die glauben, Klasse setze sich letztlich durch. Ach, wenn sie nur öfter Recht behielten.
„All I Want To Do Is Rock“, 1996 die Initialzündung, eröffnet wie immer den Songreigen, langsamer und wuchtiger als zuletzt. Doch so druckvoll der Sound beim Publikum ankommt, so fusselig und fadenscheinig klingt es auf der Bühne. Das halbe Konzert, sagt Fran Healy nach der Show, sei ein Kampf gegen den Monitor-Mix gewesen. Hat keiner gemerkt, beruhigt man ihn. Wahrheitsgetreu. „Good Feeling“ vermittelt eben das, „Writing To Reach You“ glüht, „Why Does It Always Rain On Me“ wird selig mitgesungen. Andy Dunlop hält seine Gitarrero-Pos(s)en besser in Zaum, Healy hängt sich rein, als ob er morgen in München nicht noch mal ran müsse. Ganz zu schweigen vom bevorstehenden Sieben-Wochen-Treck durch Amerika im Vorprogramm von Oasis.
„Coming Around“, die nächste Single, klingelt unwiderstehlich byrdsianisch. Zwei brandneue Songs haben Premiere. „The Cage“, dunkel und dräuend. Und „Safe“, das Fran solo für seine Freundin Nora schmachtet. Britneys „… Baby One More Time“ hat sich vom Gag zum genuinen Live-Highhght emanzipiert. Ebenso umjubelt, wiewohl für die meisten überraschend: „The Weight“, der Band-Klassiker, von Travis respektvoll und werkgetreu entboten. Nebst einer Einführung in Dylanologie von Fran. Für die jüngeren Fans ganz vorn.