Toto: Die Story hinter ihrem Mega-Hit „Africa“
„Africa“ erzählt weit mehr als nur eine Geschichte: Mainstream-Pop im Wandel der Zeit. Neue Generationen entdecken altes Liedgut für sich. Bei Musikverlagen klingeln die Kassen.
Als die 1976 gegründete US-Band Toto aus Los Angeles im April 1982 (in Europa etwas später) ihr Album „IV“ veröffentlichte, war sie – stilistisch betrachtet – nicht gerade der heiße Scheiß. In ihrer kalifornischen Heimatstadt tobte der (Hardcore-)Punk. Die Dead Kennedys oder Black Flag mit Berserker Henri Rollins am Mikro lassen schön grüßen.
Toto konnte das egal sein. Sie waren erfolgreich. „IV“ verkaufte bis heute rund zwölf Millionen Einheiten.
Auf besagtem Album befindet sich der Song „Africa“, der auf David Paich (Text/Soundkonzept) und den 1992 verstorbenen Schlagzeuger Jeff Porcaro zurückgeht
Paich dadelte seinerzeit mit seinem brandneuen Keyboard herum, dem CS-80 vom japanischen Instrumentenbauer Yamaha, und stieß auf den speziellen Sound, aus dem er später das legendäre Anfangsriff des Songs entwickelte.
In zehn Minuten ein Riesenhit
Laut der US-Musikplattform „Smooth Radio“ waren Melodie und Refrain-Lyrics binnen zehn Minuten im Kasten. „Ich habe den Refrain so gesungen, wie Sie ihn hören“, so Paich in einem Interview „Es war, als ob Gott ihn gechannelt hätte. Ich dachte: ‚Ich bin zwar talentiert, aber sooo talentiert bin ich dann doch nicht. Hier hat es gerade Klick gemacht!'“
Verschiedenen Quellen zufolge soll Paich dann noch gut sechs Monate daran herumgefeilt haben, bevor der Rest der Band „Africa“ erstmals hören durfte.
In einem weiteren Interview aus dem Jahr 2015 erklärte Paich, dass der Song von der universellen Liebe eines Mannes zu Afrika als Kontinent handelt – und nicht etwa von einer persönlichen Romanze. Demnach gehen die Lyrics auf eine damaligen TV-Doku über Leid und Elend der Bevölkerung zurück. Das habe ihn nachhaltig beeindruckt: „Es hat mich gleichzeitig bewegt wie entsetzt. Die Bilder gingen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich dort wäre – und was ich tun würde.“
Co-Autor Jeff Porcaro sagte dazu: „Ein junger, weißer Typ versucht, einen Song über Afrika zu schreiben. Doch da er noch nie dort war, kann er nur das erzählen, was er im Fernsehen gesehen hat…“
Inspiriert von Bildern aus „National Geographic“
Zu den zahlreichen (teils widersprüchlichen) Legenden , die sich um den Song ranken, gehört auch folgende Schote: Die Landschaftsbeschreibungen des Songs sollen auf ein Feature aus dem US-Magazin „National Geographic“ basieren.
Trotz des weltweiten kommerziellen Erfolgs galt „Africa“ durch die Jahre als Dutzendware aus dem Dudelradio.
Doch mit der 2016er-Netflix-Serie „Stranger Things“ erreicht er – ähnlich wie Kate Bush mit „Running Up That Hill“ gerade aktuell – eine komplett neue Hörergeneration. In den folgenden Jahren wird „Africa“ in vielen regionalen Märkten zu einem der meist-gestreamtesten Songs auf Spotify und Co. Weezer coverten den Song – und waren dann überfordert mit dem Wunsch der Fans, das dann auch immer live hören zu wollen.
Neben kulturkritischen Abhandlungen wie im Buch „Retro-Mania“ von UK-Autor Simon Reynolds über Recycling-Phänomene oder „Konserven-Pop“ freuen sich vor allem die Inhaber der „intellectual properties“ über solche Jungbrunnen-Effekte.
Neben den Songschreibern profitieren die einst wenig wahrgenommenen Musikverlage – als Geld-Einsammler und Strippenzieher solcher Revivals – von diesem History-Pop-Boom.