Tote Hosen
New York, Nassau Coliseum: Das Licht geht aus, und 15000 Teenager kreischen hysterisch, als würden gleich Take That mit ihren Turnübungen beginnen. Aber die 16- bis 22jährigen im ausverkauften Coliseum wollen heute nicht Teen-Pop, sondern Punk hören – und zwar von Green Day. Daß die noch gar nicht dran sind, hätten die Kids eigentlich ahnen können – hängt da doch dieses riesige Tuch mit den exotischen Lettern „Die Toten Hosen“. Die fünf Burschen mit den bunten Haaren, die da die Bühne entern, kennt in den USA kein Schwein. „We come from the banana republic of Rock’n’Roll-front Gerntany“, stellt der Mann am Mikro mit leicht teutonischem Akzent klar. Und da sie im Elvis-Presley-Wettbewerb gewonnen hätten, starten sie ihren Set auch gleich mit einem schaurig-schönen „Love Me Tender“. Die Kids sind begeistert – eine witzige Punk-Band, das ist hier, wo selbst Punk furchtbar ernst genommen wird, äußerst selten.
Im Sommer ’94 hatten die Hosen die damals noch unbekannten Green Day als Support für einige Gigs Deutschland geholt; im Gegenzug durften sie auf vier Konzerten in den USA und Kanada für Green Day den Anheizer spielen. Der Zufall wollte es, daß Green Day seitdem mehrere Wochen Platz 1 der Charts belegt hatten und zu den angesagtesten Bands der Post-Grunge-Ära zählen.
Eine halbe Stunde im Vorprogramm – das ist nicht viel, um dauerhaften Eindruck zu hinterlassen. Die Hosen ergriffen die Chance beim Schöpfe und rissen die Zuschauer mit einer Maschinengewehr-Salve aus Punk-Klassikern und englischsprachigen Versionen eigener Hits sogar auf den Rängen von den Stühlen. Und als Campino sang: „We never took shit from no one, we just didn’t give a fuck“, brüllten Tausende die Zeilen zurück. Frontmann-Test bestanden – und die Live-Feuertaufe in den USA auch. Daß dies der Beginn einer Karriere in den USA sein könnte, mag von der Band freilich (noch) niemand glauben. Aber die Hosen wollen es wissen: Im Frühjahr ist eine Club-Tour kreuz und quer durch die USA geplant. Martin Scholz Performance