Top Ten Club: Megaloh – der erste richtige Zweifler des deutschen HipHop
Diese Woche wird´s exotisch. HipHop mit afrikanischen Voodoo-Ritualen und Schweden-Metal mit Panzer-Getöse. Megaloh und Sabaton lassen die deutschen Charts erbeben, UK und die USA einigen sich auf die Indierocker The 1975!
So langsam kippt das Pendel im bundesdeutschen Erfolgsgenre HipHop in Richtung „schlau und artikuliert“. Die Ära mit all den rough-toughen Gangsta-Typen aus den Bahnhofsvierteln der Republik scheint – vorerst – beendet.
Nur eine Momentaufnahme? In der letzten Zeit jedenfalls war kein wirklich böser Bube mehr in den Top Ten. Dafür folgt auf die Po(p)le Position im Februar von Prinz Pi („Im Westen nix Neues“) nun der Berliner Reimkollege Megaloh mit „Regenmacher“. Vor zehn Jahren mal kurz beim Krawall-Paten Fler, bewegt sich Uchenna van Cappeleveen (so Megas bürgerlicher Name) schon länger zwischen gestandenen Old Schoolern wie Afrob oder Samy Deluxe. Das Münchner Rap-Fachblatt „Juice“, für das Megaloh schon diverse Exklusiv-Tracks eingespielt hat, bescheinigt ihm eine „ethnografische Collage aus organischem Neo-Soul und klassizistischem Rap-Sound“.
Fernab also von stumpfen Ballerbeats und überdicken Eiern.
Auf seinem zweiten Major-Album filosofiert der Mittdreißiger über das Showbiz und den schnöden Alltag als Profirapper: „Ich allein hab´ diesen Weg gewählt, Mucke machen/Der erste Sohn, das heißt Familiendruck – Ich muss es schaffen/Reicht meine Luft noch für die Schluss-Etappen?“ Also der Mann im Rampenlicht, ein Zweifler seiner selbst. Themen, die man bislang eher aus dem Gitarren-Indie-Lager kannte. Megaloh jedenfalls orientiert sich eher an A Tribe Called Quest oder Nas. Sollen doch die anderen die dicken Schlitten mit den kurzberockten Chicks auf dem rosa Lederpolster fahren. Megaloh sucht dagegen seine Roots in afrikanischen Voodoo-Mythen. Sein Produzententeam liefert einen fein austarierten Mix dazu. Eine wahrhaft untypische Charts-Platte.
Mit Stahlhelmen und wüster Flugabwehrkanonen-Optik knallen dagegen die Power-Metaller Sabaton aus dem schwedischen Städtchen Falun in die Top Ten. Ein martialischer Live-Brocken einer manischen Trommelfeuer-Gang, die bereits mit ihrem letzten Studio-Opus „Heroes“ hoch in den deutschen Charts waren. Als Headliner in Wacken gehören sie längst zu einer neuen Hart-und-Härter-Generation, die langsam aber sicher die in Ehren taub gewordenen Recken vergangener Jahrzehnte ablösen. Mit dem hohen Einstieg von „Heroes on Tour“ stabilisieren sich Sabaton nun auch kommerziell. Lustig auch, was ihr Hauslabel Nuclear Blast aus dem bayrischen Donzdorf dazu verkündet: „Seit geraumer Zeit werden die Schweden auf der Bühne von den Panzern Audi und Walther begleitet, mit denen bei jeder ihrer Shows buchstäblich ein gnadenloses Trommelfeuer auf die Fans einprasselt.“ Tank-Metal, das neue Ding!
Zum Schluss noch kurz der Blick nach UK und in die USA. Das Chartsblatt Billboard führt The 1975 mit dem ellenlangen Romantico-Titel “I Like It When You Sleep, For You Are So Beautiful Yet So Unaware Of It” auf der Eins, vor ausgebufften Standardhelden wie Adele, Rihanna oder Maclemore And Ryan Lewis. Auch in Großbritannien sind die Indie-Rocker aus Manchester The 1975, die man hier noch nicht so recht auf dem Mainstream-Schirm die Hitlisten an. Listen and Watch it!