Tomte und das Grand Hotel: Korn, Sprite und ’nen Hit haben
Erst mehr so Punk, jetzt irgendwie Unternehmer: Mit Platten von Kettcar und seiner eigenen Band Tomte kommt Thees Uhlmann mittelgroß raus.
Meinen letzten Pfennig gab ich THees. Ein paar Monate nach der Euro-Umstellung war das, als er (zugegeben: nur leicht) angetrunken im Parka auf einer Aftershow-Party auftauchte und die Leute ohne erkennbaren Grund um altes Geld bat. Wo immer man auch abends in Hamburg hingeht, irgendwann kommt Thees Uhlmann. Der Ex-Roadie von Tocotronic, der über diese Zeit ein Buch geschrieben hat. Seit acht Jahren Sänger der Band Tomte. Thees, der in Plattenkritiken im „Intro“ von Kumpel Bodo und dessen Ford Fiesta erzählt hat. Einmal besuchte ich das Büro der Plattenfirma L’Age D’Or, und wer saß als Online-Entwickler am Rechner? Thees Uhlmann. Immer fällt ihm mindestens ein guter Satz ein, etwas leicht Verwirrtes, aber Lustiges. Und dann hat er ja auch noch diese Band.
Die Band Tomte, mit der keiner rechnete, weil Uhlmann mehr so ein Eulenspiegel-Typ zu sein schien. Kein Künstler. Einer, der manchen mit seinen Ambitionen auf die Nerven ging. Dann kam er letztes Jahr immerhin mittelgroß heraus – mit einer Platte, auf der er nicht mitgespielt hatte. Seine Freunde Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff hatten mit ihrer Gruppe Kettcar ein Album aufgenommen, das alle in Hamburg hören wollten, nur nicht die Plattenfirmen. Charme und Kontakte des geschäftserfahrenen Tomte-Förderers Daniel Lieberberg halfen nichts, aber der empfahl den Jungs, die Sache einfach selbst zu machen. Uhlmanns Ein-Personen-Label „Hotel van Cleef“ wurde zum „Grand Hotel van Cleef“, mit ihm, Wiebusch und Bustorff als Belegschaft. Eine Woche vor Release hätten noch Majors angerufen, „die hatten das Grummeln in der Szene gehört“. Bis heute hat „Du und wieviel von deinen Freunden“ von Kettcar 13 000 Stück verkauft, was für ein Amateur-Label sehr, sehr viel ist.
Der hanseatisch pastorale Gitarren-Pop von Kettcar kam mit Stücken wie „Landungsbrücken raus“ und „Im Taxi weinen“ zur hundertprozentig richtigen Zeit. „Hinter all diesen Fenstern“, das eben erschienene, dritte Tomte-Album, schmiegt sich in die gleiche Kerbe, die Erzcoolen geben Karitas und Nachdenklichkeit zu und spielen Musik wie aus den Frühlings-Kapiteln des britischen Pop-Tagebuchs. „Das ist kein Urlaub, das ist eine Reise, das ist alles andere als die gute Seite“, singt Uhlmann in freundlicher Anspielung auf die Sportfreunde Stiller (Album: „Die gute Seite“): „Es nervt mich halt so, dass die Leute immer noch denken, dass alles Halligalli ist. Das Leben von vielen Leuten, die ich kenne, ist ernst geworden. Älter wird man eh, und man wird ruhiger. Nicht, dass ich weniger ausgehe, mehr so: Ich weiß mehr über mich.“ Als Schüler hatte er im Heimatdorf Hammoor mit dem Hardcore-Fanzine „Druck“ noch die CDU-Lehrer erregt, die ersten vier Jahre spielte seine Band in autonomen Jugendzentren und wollte wie die Punkband Boxhamsters sein.
„Grand Hotel van Cleef“ verraten nicht, was sie als nächstes herausbringen, damit es ihnen keine große Firma wegschnappt. Und dann klingelt doch das Mobiltelefon, Thees Uhlmann ist dran. Tomte sei auf 50 in die Charts eingestiegen, sagt er leicht angetrunken. Überall taucht er auf.
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