Tina Turner: Leben und Tod der legendären Sängerin

Ihre Biografie bietet Stoff für mehrere Leben: Wir werfen einen Blick auf das Leben von Tina Turner.

Tina Turner schrieb in vielerlei Hinsicht Geschichte. Sie war die erste schwarze Person und die erste Frau auf dem Cover des US-amerikanischen ROLLING STONE. Turner wurde bereits in jungen Jahren ein Star, machte später parallel zu großen Erfolgen eine private Hölle durch. Sie verlor fast alles – und kehrte als einer der größten Superstars der 1980er-Jahre zurück. Damit triumphierte sie über ihren Ex-Mann Ike Turner und über all die grausamen Dinge, die er ihr angetan hatte. Turner ist ein Symbol der Selbstermächtigung, des Durchhaltens, der positiven Lebenseinstellung. Zu Ehren der großen Sängerin werfen wir einen Blick auf ihr bewegtes Leben.

Tina Turner wurde am 26. November 1939 als Anna Mae Bullock in der Stadt Brownsville im US-Bundesstaat Tennessee als Kind des Ehepaars Zelma Currie und Floyd Richard Bullock geboren. Auch wenn die Tochter eines Diakons einer Baptistenkirche schon als Teenager ihre Musikkarriere beginnen sollte, arbeitete sie zunächst als Krankenschwester-Assistentin und kümmerte sich um Kinder.

Musikalität bereits als Kind

„Meine Mutter dachte, ich würde entweder Krankenschwester oder Lehrerin werden, aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass dies nicht mein Weg sein würde. Als Kind habe ich gerne gesungen und getanzt, und alle sagten mir, wie gerne sie mich singen hörten. Aber ich habe nie daran gedacht, eine professionelle Sängerin zu werden, bis ich älter war“, erzählte Tina Turner 2021 im Interview mit der „Harvard Business Review“.

Dass es nicht zu der von ihrer Mutter gewünschten Karriere kommen sollte, ist zu einem guten Teil Tinas späterem (Ex-)Ehemann Ike Turner geschuldet, den sie 1957 traf. Sie sah den Musiker zum ersten Mal bei einem Auftritt der Kings of Rhythm im Club Manhattan in East St. Louis. Sie erinnerte sich später, dass sie wie in Trance war, als sie Ike beim Spielen zusah.

1973, mit Ike

Anna Mae trifft Ike

Für Tina Turner, damals noch Anna Mae Bullock, war klar: Sie muss auch auf diese Bühne – und zwar mit Ike. Sie lernte die Band kennen und versuchte, Ike davon zu überzeugen, sie singen zu lassen. Dass dies klappte, verdankte sie dem Drummer der Gruppe, Eugene Washington, der mit ihrer Schwester Alline Bullock ein Paar war. Alline Bullock wiederum stand in jenem Jazzclub hinter der Bar.

Tina und Ike Turner 1970

Bullock durfte also mit der Band singen – und Ike Turner war beeindruckt von Tinas mächtiger Stimme. Aus einem gemeinsamen Song wurden an diesem Abend mehrere – und ehe der Abend endete, war Tina festes Mitglied der Kings of Rhythm. Ihr früher Künstlername lautete Little Ann. Unter der Woche ging Turner zur Schule, an den Wochenenden stand sie mit der Band auf der Bühne. Sie verliebte sich in den Saxofonisten der Gruppe, Raymond Hill. 1958 wurde ihr gemeinsames Kind Craig Raymond Turner geboren.

Ehe und Karriere mit Ike Turner

Es sollte allerdings nicht Hill, sondern Bandleader Ike Turner werden, den Tina 1962 heiratete. Sie zog zu Turner, zunächst um von ihm musikalisch trainiert zu werden. Aus der zunächst freundschaftlichen Beziehung wurde eine Romanze, dann eine Ehe. Die beiden hatten einen gemeinsamen Sohn, Ike Jr. Sowohl Ike als auch Tina brachten Kinder aus früheren Beziehungen mit in die Ehe.

Ike und Tina Turner posieren für ein Porträt mit ihrem Sohn und ihren Stiefsöhnen (ca. 1972). Im Uhrzeigersinn von unten links: Michael Turner (Sohn von Ike und Lorraine Taylor), Ike Turner, Jr. (Sohn von Ike und Lorraine Taylor), Ike Turner, Craig Hill (Sohn von Tina und Raymond Hill), Ronnie Turner (Sohn von Ike und Tina)

„A Fool In Love“ wurde zum Durchbruch

Dass Tina zur Frontfrau der Band wurde, ist einem Zufall geschuldet. Den Song „A Fool In Love“ hatte Ike eigentlich für Art Lassiter geschrieben. Das Studio war bereits gebucht und bezahlt. Nur: Lassiter tauchte nicht auf. Aus der Not heraus hatte Turner die Idee, Bullock singen zu lassen. Eine weise Entscheidung – denn der Chef von Sue Records, Juggy Murray, hörte den Song und legte 20.000 Dollar für die Rechte auf den Tisch.

Murray plädierte dafür, Bullock als Leadsängerin zu behalten. Ike witterte Erfolg – und machte aus Anna Mae Bullock Tina Turner. Allerdings nicht, ohne sich die Rechte für den Künstlernamen zu sichern, um sie später im Fall des Falles problemlos ersetzen zu können.

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„A Fool In Love“ wurde zum Hit – und mit der neugegründeten Ike & Tina Turner Revue begann der Erfolg. Das Debütalbum „The Soul of Ike & Tina Turner“ erschien 1961. Sechzehn Jahre lang gab es das Duo Ike & Tina Turner. Sie hatten eine Reihe von großen Hits, darunter „It’s Gonna Work Out Fine“, „I Idolize You“, „Poor Fool“, und „Tra La La La La“. Der Song „River Deep – Mountain High“ und ihr bekanntester Song „Proud Mary“ brachten ihnen weitere Erfolge.

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Letzterer brachte ihnen einen Grammy Award in der Kategorie „Best R&B Vocal Performance by a Group“. Sie tourten mit den Rolling Stones und nahmen Platten mit Phil Spector auf. Einer der letzten Hits des Duos war das von Tina geschriebene „Nutbush City Limits“, in dem sie ihre Heimat besang.

Ehemartyrium

Alleine mit einem Überblick über die Karriere des Duos ließe sich ein ganzes Buch füllen – deswegen kürzen wir an dieser Stelle etwas ab. So erfolgreich das Duo auch war: Hinter den Kulissen wurde es zur absoluten Katastrophe. Ike war gewalttätig, tyrannisch und konsumierte Drogen. „Ich lebte ein Leben des Todes“, erinnerte sich Tina Turner 1981 gegenüber „People“. „Ich existierte nicht. Angst dass er mich töten würde, wenn ich gehe, hatte ich nicht, denn ich war schon tot. Als ich hinausging, habe ich nicht zurückgeblickt.“

Ike und Tina Turner, 1976

Scheidung von Ike Turner und Solo-Karriere

Dass Tina Turner schlussendlich den Mut fasste und ihren gewalttätigen (Ex-)Mann verließ, schreibt sie zu einem guten Teil der Praxis des buddhistischen Chantens zu. „Lange Zeit hatte ich das Gefühl, festzustecken und keinen Ausweg aus der ungesunden Situation zu finden, in der ich mich befand. Es war schmerzhaft, nicht zu wissen, wohin ich gehen sollte oder was ich tun konnte, um herauszukommen. Aber dann hatte ich eine Reihe von Begegnungen mit verschiedenen Menschen, die mich ermutigten, mit dem Chanten zu beginnen“, erzählte sie der „HBR“. Tina trennte sich 1976 von Ike, 1978 war die Scheidung durch.

„Schließlich hörte ich auf sie. Dank dieser Praxis begann ich, mir der Tendenzen bewusst zu werden, die mich zurückhielten und zu Fall brachten. Und als ich mich selbst klar sehen konnte, begann ich mich zu verändern und öffnete den Weg zu Vertrauen und Mut. Es dauerte ein paar Jahre, aber schließlich konnte ich für mein Leben einstehen und neu anfangen“, so Turner weiter.

Tina Turner kehrt als Solokünstlerin zurück

1978 erschien Tina Turners Soloalbum „Rough“. Es war eigentlich ihr drittes: 1974 erschien „Tina Turns the Country On!“, im Folgejahr „Acid Queen“ – jedoch zeichnete Ike bei diesen Alben mitverantwortlich. „Rough“ war Tinas erstes musikalisches Lebenszeichen nach der Scheidung von Ike. Die Phase nach der Scheidung war alles andere als einfach – mit ihrem Ausstieg aus dem Duo wurden Verträge gebrochen, Tina hatte Schulden, die es abzuzahlen galt. Man konnte schon glauben, der Zenit ihrer Karriere sei überschritten. Doch das änderte sich 1984 schlagartig.

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In diesem Jahr erschien „Private Dancer“ – und aus Tina Turner, dem früheren Mitglied von Ike & Tina Turner, wurde Tina Turner der Solo-Superstar. Besser hätte es nicht laufen können: 20 Millionen verkaufte Alben, Mega-Hits und drei Grammys. Tina Turner war wieder da und schrieb ihre eigene Geschichte. Mit „What’s Love Got to Do with It“ schaffte sie es auf Platz eins der Billboard Hot 100, auch „Better Be Good to Me“ und der Titeltrack „Private Dancer“ wurden große Erfolge. Außerdem nahm sie ein Duett mit David Bowie auf – das Stück „Tonight“ zählt zu den bekanntesten Duetten der Rockgeschichte. Später sang sie mit Bryan Adams das Duett „It’s Only Love“ – ebenfalls legendär. 1985 nahm sie eine Rolle im Film „Mad Max“ an, was sich ebenfalls als ein großartiger Karriereschritt erwies.

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„Das Comeback gehört zu den großen Mythen der Rockmusik (des Films, des Theaters, der Literatur, des Boxsports, des Lebens). Tina Turners Comeback war die Wiederkehr einer Frau, von der viele Menschen noch nie gehört hatten, vor allem in Europa. Sie hatte eine Geschichte, das war klar, aber die Geschichte musste jetzt erst erzählt werden“, schrieb ROLLING-STONE-Redakteur Arne Willander in der Titelgeschichte der ROLLING-STONE-Ausgabe 07/23.

Privates Glück mit Erwin Bach

Ihr privates Glück fand Turner im sechzehn Jahre jüngeren Erwin Bach, einem Musikmanager ihrer damaligen Plattenfirma. Nach 27 Jahren Beziehung heirateten die beiden im Juli 2013. Turner wohnte mit Bach seit 1995 in der Schweiz, nach ihrer Hochzeit nahm sie die schweizerische Staatsbürgerschaft an und gab die US-Staatsbürgerschaft auf. „Ich habe mich immer mit der Schweiz verbunden gefühlt und hier sehr zu Hause gefühlt. Es ist ein besonders spiritueller Ort“, erklärte sie gegenüber „HBR“ und meinte, dass sie die Weiden der Schweiz an das von ihr einst so spektakuläre Nutbush erinnerten.

Tina Turner mit Ehemann Erwin Bach, 2019

Ihr letztes Soloalbum, „Twenty Four Seven“, erschien 1999. Im selben Jahr beendete sie nach 90 Auftritten ihrer „Tina! 50th Anniversary“-Tour ihre große Bühnenkarriere mit einem Konzert im britischen Sheffield.

Tina Turner schrieb Geschichte

Turner starb am 24. Mai 2023 im Alter von 83 Jahren. Ihre Kolleg*innen zeigten sich bestürzt.  „Wir haben einen der aufregendsten und elektrischsten Künstler der Welt verloren. Eine absolute Legende auf Platte und auf der Bühne. Sie war unantastbar“, schrieb Elton John. Tina Turner war ohne Frage eine der großen Sängerinnen unserer Zeit.

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Michael Ochs Archives
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Gary Gershoff Getty Images
Bruce Glikas Bruce Glikas/FilmMagic
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