Thomas Gottschalk: Was darf ich heute noch sagen?
In seinem dritten Buch kündigt der Show-Titan eine Abrechnung mit der politischen Korrektheit an.
Seit seiner Zeit bei der locker-flockigen „BR Radioshow“ in den mittleren 1980ern redet Thomas Gottschalk, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Er scherzte über die Hackbraten-Rezepte vom Miss Ellie aus der TV-Saga „Dallas“, spielte Gute-Laune-Pop und hatte schon damals aufstrebende Promi-Kollegen wie Günther Jauch zu Gast. Ein Talent, das ihn bekanntlich zum Titan der Samstag-Abend-Unterhaltung mit „Wetten Dass?“ machte.
Nach seiner endgültig letzten Sendung am 25. November 2023 hätte sich der 73-jährige locker zurückziehen können. Nicht mehr seine Zeit, nicht mehr sein Humor. In seinen milden Biografien „Herbstblond“ (2015) und „Herbstbunt“ (2019) hat er bereits die Jugendjahre im fränkischen Kulmbach und seinen fulminanten Aufstieg zum Medienstar im Glitzergewand abgearbeitet. Immer mit einem humorvollen Blick auf die Welt.
Dieses Gefühl für den entspannten Mainstream-Swing ist ihm irgendwann abhanden gekommen. Vielleicht ist das Showbusiness der 2020er auch einfach nicht mehr sein Revier. Das scheint auch Gottschalk so zu sehen und er ist nicht amüsiert. Herrenwitze Over!
Wie sein Hausverlag Heyne aktuell mitteilt, wird er am 16. Oktober sein drittes Buch veröffentlichen. Und da heisst es dann Schluss mit Lustig oder Doenekes von früher. Schon der Titel verspricht Kampfeslust: „Ungefiltert – Von einem, der Mund nicht halten kann“. Dem Vernehmen nach eine Art Gesellschaftskommentar den Themen, mit denen er immer wieder aneinander gerasselt ist: „Sprachvorschriften“ etwa, „politische Korrektheit“ oder hemmungslose Aufregung in den sozialen Medien.
Gottschalk rechnet ab
„Für sein loses Mundwerk wird er vom Publikum geliebt – die erfrischende Schlagfertigkeit, mit der er seinen Gesprächspartnern begegnet, war stets Teil der großen Show“, heißt es in der Vorankündigung. „Doch die Zeiten ändern sich – wer einfach einen lockeren Spruch raushaut, riskiert einen Shitstorm.“
Kurzum: Gottschalk rechnet ab.
Allerdings will er mit einer „guten Portion Selbstironie den Regeln wie den Fallstricken unserer Gesellschaft auf den Grund gehen“. Ein Jivetalk, der ihm in jedem Fall zu wünschen ist, will er nicht als mürrischer Grantler in die Rente gehen.
Er stellt sich selbst rhetorische Fragen wie „Müssen wir wirklich alle Sprachvorschriften beachten, bevor wir etwas sagen? Sollten wir sie ignorieren? Oder bahnen wir uns einen Weg durch das Dickicht an Geboten und Verboten, auf dem wir uns selbst treu bleiben – und doch die Wünsche anderer respektieren?“
Ein „gesellschaftlicher Befund und eine sehr persönliche Bestandsaufnahme“, auf 256 Seiten. Immer locker bleiben, Thommy!