The Yeah Yeah Yeahs – Berlin, Columbiahalle
Vom Garagen-Rock zur Großraum-Diskothek
Das zerdrückte Ei auf dem Cover des neuen Yeah Yeah Yeahs-Albums „It’s BIitz!“ könnte auch als Symbol für die Zerstörung von Erwartungshaltungen stehen. Mit dem dritten Werk hat sich das New Yorker Trio schließlich gerade erst von Schrammelgitarren und Lo-Fi zum flächigen, Synthesizer-geprägten Dancefloor-Sound entwickelt. In der Columbiahalle ist allerdings erst einmal nichts von dieser Verwandlung zu spüren. Die Band, bestehend aus Schlagzeuger Brian Chase und dem Gitarristen Nick Zinner, steht eng zusammen und lärmt konzentriert vor sich hin, als Karen O im weiten, wild gemusterten Kimono die mit blauen Paillettenringen und einem riesigen aufblasbarem Augapfel geschmückte Bühne betritt.
Die aparte Sängerin mit Ramones-artiger Pilzkopffrisur ist eine Offenbarung von der ersten Sekunde an. Hoch energetisch, selbstbewusst, sexy, euphorisch zelebriert sie überspitzte Rockposen, steht breitbeinig mit gen Himmel gestrecktem Mikrofon, speit mit durchgestrecktem Rücken Wasserfontänen in die Luft und lässt sich von Gitarrenriffs und Schlagzeugbeats immer weiter nach vorn treiben. Die Yeah Yeah Yeahs sind in ihrem Element: purer, schmutziger Drei-Akkorde-Rock’n’Roll. Als Nick Zinner plötzlich den harten Surfakkord des Cramps-Krachers „Human Fly“ anschlägt, sind die Ängste, aus der Garagenband könnte eine weichgespülte Tanzkapelle werden, komplett verflogen.
Kurz darauf kommt Imaad Wasif dazu, der zweite Gitarrist, der gelegentlich auch Bass oder Keyboard spielt. Aus dem Trio wird ein Quartet. Der Augapfel – das an Konzerte der Residents erinnernde „allsehende Auge“ — wird gedreht, plötzlich ist er ein gigantischer Mond (oder eine Discokugel). Alles leuchtet in blau und pink, Karen O trägt ein knappes, mit Nieten besetztes Lederkleid und hat sich einen goldenen Paillettenschal ungehängt, Konfettikanonen werden gezündet.
Die Pop-Hits „Zero“ und „Heads Will Roll“ zünden, klingen nach dem furiosen Auftakt aber fast gedämpft. Karen O ringt, ächzt, kreischt, als ob sie wüsste: Jetzt bewegen wir uns auf dünnem Eis. Die Ekstase des Garagen-Rock nimmt sie mit in die Großraumdisco. Es ist ihre Hingabe, diese unwiderstehliche Körperlichkeit, mit der sie den Abend rettet. Spätestens bei „Runaway“ hat sie das Publikum auf ihrer Seite. Eine Band, die sich nicht verändert, hat keine Zukunft; eine Band, die sich zu sehr verändert, spürt die Enttäuschung der Fans. Eine Gratwanderung. Die Yeah Yeah Yeahs haben sie gemeistert.