„The Suburbs“ von Arcade Fire: Hochmemorable Melodien

Ein sehnsuchtsvolles, tiefmelancholisches Werk über den Verlust der Jugend und das unerbittliche Fortschreiten der Zeit.

Man kennt ja diese Stimmen aus der Vergangenheit nicht erst seit Facebook. Menschen, mit denen man die angeblich schönsten Jahre seines Lebens verbracht hat. Die ein anderes Leben gewählt haben – und sich nach Jahren wieder melden. Manchmal fährt man dann zurück in die kleine Stadt, um diese Menschen zu besuchen. Man stellt dann meist fest, dass einen nicht mehr viel verbindet. Denn auch in der kleinen Stadt ist die Zeit fortgeschritten. Ein wehmütiges Gefühl.

 

Dieser Gemengelage haben Arcade Fire nun ein sehnsuchtsvolles, tiefmelancholisches Werk über den Verlust der Jugend und das unerbittliche Fortschreiten der Zeit abgerungen. „When all of the houses they built in the 70s finally fall“, singt Win Butler im eröffnenden Titelsong – bei weitem nicht die einzige Metapher über die Vergänglichkeit auf diesem Album.

Die Kommune, der Mensch und seine Bezugsgruppe waren ja bereits früher typische Arcade-Fire-Themen gewesen. Seitdem hat sich nicht nur die inhaltliche Perspektive verändert. Auch musikalisch hat die Band ihr Vokabular so stark erweitert, dass man zunächst Probleme hat, sie wieder zu erkennen: „Ready To Start“, „Modern Man“ und „Rococo“ fügen neue Farben hinzu, „Month Of May“ ist gar Queens-Of-The-Stone-Age-Rock.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Diese Platte will erkämpft werden

So erschließen sich die mannigfaltigen Schattierungen zunächst langsam. Wo „Funeral“ ein Instant-Klassiker war, muss man sich diese Platte erobern. Der Geduldige wird indes reich beschenkt: Die Kanadier sind Meister des Arrangements, der perfekten Ergänzung von Form und Inhalt – und der ebenso unaufdringlichen wie hochmemorablen Melodien. Auf derart unprätentiöse Weise pompös zu sein beherrschen nur ganz wenige. Springsteen fällt einem ein, vielleicht noch U2.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Die Klasse von „The Suburbs“ zeigt sich vor allem in der zweiten Hälfte: „Suburban War“ steigert sich zu einem furiosen Finale mit der bitteren Erkenntnis: „All my old friends they don’t know me now.“ „The Sprawl“ ist dann die große, wehmütige Autofahrt zu den Plätzen von früher: „Took a drive into the sprawl to find the house were we used to stay.“ Wahlweise beschrieben als das „Automatic For The People“ oder „OK Computer“ dieser Band, ist „The Suburbs“ tatsächlich das vorläufige Meisterwerk von Arcade Fire.

Die Original-Rezension zum Erscheinen der Platte.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates