The Sheepdogs im Porträt: Der Sound des Folkrock der 70s
The Sheepdogs veröffentlichen anstelle eines regulären neuen Albums nun zwei EPs – „Paradise Alone" und „Hell Together".
„Music is memory raised to an emotion“, hat der Jazzmusker Ornette Coleman einmal gesagt – Musik ist Gefühl gewordene Erinnerung. Was er damit meint, versteht man zum Beispiel anhand der kanadischen Band The Sheepdogs. Deren Vorbilder sind klar zu erkennen: CCR, die Eagles, die Allman Brothers. Es ist nicht so, dass die Sheepdogs diese Musik nachstellen würde; seit 20 Jahren entwickelt die Formation um Songwriter und Sänger Ewan Currie einen eigenen Sound. Und doch steigt in diesen Liedern ein Gefühl empor, das man von den Alben der genannten Altvorderen kennt.
Anstelle eines regulären neuen Albums ist vor einigen Monaten eine EP der Sheepdogs erschienen, nun erscheint eine zweite. Es ist ein Experiment: Der drastisch veränderte Musikmarkt verlangt von Künstler:innen ständige Präsenz auf den Streaming-Plattformen und Social-Media-Kanälen. Da sind zwei EPs besser als ein Album, zumal die mediale Aufmerksamkeit für einen einzelnen Song mittlerweile ungefähr dieselbe ist wie für einen Longplayer.
The Sheepdogs – „Jeroboam“:
Doch es gibt auch einen praktischen Grund für die neue Veröffentlichungspolitik. „Wir hatten wenig Zeit, ins Studio zu gehen, mehr als fünf Tage waren nicht drin“, sagt Currie, der mit seiner Band unablässig tourt, „wir wollten, dass die Songs schnell erscheinen.“
Die erste der beiden EPs heißt „Paradise Alone“. Sie entstand in den Southern-Grooves-Studios in Memphis, Tennessee gemeinsam mit dem Toningenieur Matt Ross-Spang (Jason Isbell, Margo Price), der schon früher mit den Sheepdogs gearbeitet hatte. Ein warmer, organischer Sound ist darauf – es ist der beste, den die Band je hatte. Ein Lied ist ein Glam-Boogie, ein anderes Southern Rock mit twin guitars, und öfters denkt man an John Fogerty. Der Höhepunkt ist ein wundervoll sentimentaler 70s-AM-Radio-Midtempo-Schunkler namens „Darling Baby“. Das Lied funktioniere live ganz hervorragend, sagt Currie, die Leute würden vor der Bühne engtanzen und knutschen.
Nach nur einem Durchlauf war das Lied im Kasten
Die zweite EP heißt „Hell Alone“, sie entstand einige Monate später in Toronto, wo ein Teil der Band wohnt. Der Sound ist hier direkter und vielleicht nicht ganz so magisch wie auf dem Zwilling. Und doch ist die Souveränität groß, zumal Currie ein famoser Sänger ist. Etwa bei dem an Jackson Brown erinnernden Titellied, das die Musiker eine Stunde vor Ende der Session schnell noch aufs Tonband brachten. Currie gab während der Aufnahme über ein Mikrofon Anweisungen, welche Akkorde als nächstes gespielt werden sollen – nach nur einem Durchlauf war das Lied im Kasten.
Die an Crosby, Stills & Nash erinnernden Gesänge entstanden einige Wochen später in einer Hütte an einem kanadischen See, als die Sheepdogs einen Day-off während einer Tour mit Bryan Adams hatte.
„Hell Together“:
Dem Wortspiel der beiden EP-Titel möchte Currie keine allzu große Bedeutung beimessen – er spricht nicht gern über seine Texte, und noch weniger gern spricht er über persönliche Angelegenheiten. Nur so viel: Als die Songs für „Paradise Alone“ entstanden, saß der Sänger in den Florida Keys und hatte eine schwere Zeit – er war allein im Paradies. Da krempelte er die Ärmel hoch und tat, was ein Songwriter tut, wenn es etwas zu verarbeiten gilt: Er schrieb Songs. Dagegen feiert „Hell Together“ die Erfahrung, als Band – oder als Freunde, als Familie – schwere Zeiten gemeinsam durchzumachen und daran zu wachsen.
The Sheepdogs, zu denen auch Curries kleiner Bruder Sean gehört, feierten gerade ihren 20. Geburtstag. Dass sie schon so lange bestehen, hat laut Currie damit zu tun, dass die Band die Verantwortung selten aus der Hand gegeben hat. Currie ist nicht nur alleinige Songwriter, er produziert auch die Alben. Bassist Ryan Gullen ist in Personalunion der Manager. Die neuen EPs sind die ersten Veröffentlichungen auf dem eigenen Label. „Ich mache öfters den Witz, dass ich Musiker geworden bin, um mich vor Verantwortung zu drücken“, lächelt Currie, „stattdessen bin ich jetzt Teil eines kleinen Unternehmens.“
The Sheepdogs live:
13.11. München, Strom
14.11. Dresden, Beatpol
15.11. Berlin, Frannz
17.11. Hamburg, Bahnhof Pauli
26.11. Köln, Luxor