The Rolling Stones über ihre Pläne für 2012 und 2013
Wie bereits gestern gemeldet, werden The Rolling Stones frühestens 2013 Jubiläumskonzerte spielen. Lesen Sie hier den vollständigen Artikel unseres US-Kollegen Patrick Doyle, der mit Keith Richards und Mick Jagger sprach.
The Rolling Stones werden in diesem Jahr nicht auf Tour gehen, um ihr 50. Bandjubiläum zu feiern. Das erfuhr der ROLLING STONE nach Gesprächen mit Keith Richards und Mick Jagger. „Wir sind einfach noch nicht bereit“, sagt Richards. Im kommenden Jahr könne das anders aussehen: „Mein Gefühl sagt mir, dass das etwas realistischer ist.“
Aus dem Umfeld der Band war zu erfahren, dass die Verzögerung auch mit Richards’ Gesundheitszustand zu tun haben könnte, was die Frage aufwirft, ob er überhaupt fit für eine weltumspannende Tour wäre. Seit der Gitarrist sich im April 2006 während eines Urlaubs inmitten der „Bigger Bang“-Tour auf den Fidschi-Inseln am Kopf verletzte, habe seine Leistungsfähigkeit stark nachgelassen. Zahlreiche Fans meinten bereits nach der Premiere von Martin Scorceses „Shine A Light“, der nach dem Unfall aufgezeichnet wurde, dass Richards Performance dort schwach war. Nach der Tour legte Richards die Gitarre für eine ganze Weile aus der Hand. „Du hast hier einen ziemlich eingerosteten Keith Richards vor dir“, sagte er 2010 zu Jimmy Fallon. „Wenn du zwei Jahre lang auf Tour warst und dann plötzlich aufhörst, sagst du dir noch, du nimmst nur eine kleine Pause. Und die wird dann länger und länger und plötzlich denkst du: ‚Verdammt, ich muss echt wieder in Form kommen.'“
Ein wichtiger Vertreter der US-Konzertbranche sagte dem ROLLING STONE: „Sie wollen keine große Tour mehr spielen. Sie möchten das Reisen nicht, und es gibt Bedenken wegen Keiths Verfassung.“ Insider spekulieren, die Stones könnten stattdessen mehrere längere Konzertreihen in wenigen größeren Hallen spielen – ähnlich wie Prince, der letztes Jahr 21 Abende hintereinander in Los Angeles spielte. „Sie könnten zum Beispiel zehn Abende im Madison Square Garden spielen, zehn im Staples Center in L.A., zehn Nächte in der O2 Arena in London.“ Die Stones holten bereits diverse Angebote ein – von AEG, Live Nation und dem langjährigen Stones-Promoter Michael Cohl.
Die Gerüchte um eine mögliche Tour kamen auf, nachdem sich die Band im Dezember in einem Studio in London getroffen hatte – zum ersten Mal seit dem Finale ihrer zwei Jahre währenden Mammut-Tour „Bigger Bang“ im August 2007. Was das Zusammentreffen noch besonderer machte: Bill Wyman war zum ersten Mal seit seinem Ausstieg 1992 wieder dabei. „Wir haben viele Blues-Nummern gespielt und Outtakes von ‚Some Girls‘. Solche Sachen“, erzählt Mick Jagger. „Es lief sehr gut.“
Richards ergänzt: „Es war eine dieser ‚Back to the roots‘-Sessions. Wir haben viel gejammt. Am dritten Tag kam Mick dazu, was mich sehr gefreut hat. Ich wollte ja, dass diese Session ihn anlockt.“
Nach einer der längsten Bandpausen in der Geschichte der Stones sammelt man nun die Kräfte für eine Reihe von Projekten wie der möglichen Tour 2013, neuen Studio-Sessions und einer großen Dokumentation. „Ich sah Mick erst vor einigen Tagen“, erzählt Richards. „Er plant, für eine Weile nach New York zu ziehen, also dachten wir uns, wir bringen mit den Stones mal wieder ein paar Steine ins Rollen.“ Richards ergänzt, dass man schon im April für weitere Sessions ins Studio will. „Wir bringen einfach die Jungs wieder zusammen und schneiden vielleicht mal was mit“, sagt er. „Ich hab genug neues Material im Schrank, aber auf Band ist davon noch nichts.“
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Richards wirkte gesund und munter bei seiner ersten größeren Performance in diesem Jahr an der Seite von Eric Clapton beim Memorial Concert für Blues Legende Hubert Sumlin im New Yorker Apollo Theater am 24. Februar. Zudem hat er viel an seinem Soloalbum gearbeitet, das er mit Produzent Steve Jordan aufnimmt. „Wir lassen es langsam angehen damit – es gibt keinen Grund zur Eile“, sagt Richards. „Aber ich bin selbst überrascht, wie viel gutes Material dabei herauskommt.“
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Drei Tage vor dem Sumlin-Gig bewies Mick Jagger, dass er fit für eine Tour ist, als er im Weißen Haus für Präsident Obama eine Performance zu Ehren des Blues spielte – an der Seite von B.B. King und Buddy Guy. Der Gig feierte aufgedrehten R&B ebenso wie den samtweichen Soul von „Miss You“. „Es war ein Riesenspaß“, sagt Jagger. „Ich habe Gitarre gespielt und gesungen und mich wieder in Form gebracht. Man kann bei sowas nicht einfach auf die Bühne steigen und loslegen. Wenn du ein Football-Turnier spielst, musst du eben trainieren. Ich habe gerade großes Vertrauen in meine Fähigkeiten. Das soll nicht anmaßend klingen, aber so ist es einfach. Und wenn man gut vorbereitet ist, kann man das auch mal sagen.“
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In der Zwischenzeit können sich Stones-Fans mit der kommenden Dokumentation trösten, die im Herbst erscheinen wird. Sie wird die komplette 50-jährige Geschichte der Band aufarbeiten und viel ungesehenes und ungehörtes Material aufbieten. „Wir werden die Geschichte nicht wie eine klassische Erzählung komponieren“, sagt Regisseur Brett Morgen, der 2002 die Dokumenation „The Kid Stays In The Picture“ über den legendären Paramount-Produzenten Robert Evans machte. „Wir haben in jede dunkle Ecke ihres Archivs geschaut. Wir werden Musik haben, die noch niemand gehört hat, und ich habe bisher über 50 Stunden exklusives Interviewmaterial. Wenn wir fertig sind, wird es das ausführlichste Bandinterview sein, dass es je gegeben haben.“ Richards dazu: „Er sagte mir, rund 80 Prozent des Materials wurde nie zuvor gezeigt. Das ist fantastisch. Ich hätte nie gedacht, dass wir noch so vieles haben.“
Obwohl die Band in diesem Jahr nicht mehr auf Tour gehen wird, ist man noch immer begeistert von der Reunion mit Wyman. „Wir stehen wieder in Kontakt, was großartig ist, weil ich seit Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen hatte.“ Wird Wyman also bei einer Tour 2013 dabei sein? „Ich glaube, er wäre dabei“, sagt Richards. „Wir haben bereits darüber gesprochen. Ich lass es euch wissen, sobald ich kann.“
Am Ende stellt Richards klar, dass 2013 als Jubiläumsjahr für ihn ebenso gut funktioniere. „Wir haben eigentlich immer 1963 als Gründungsjahr gesehen, weil Charlie [Watts] erst im Januar dazugestoßen ist“, so Richards. „1962 ist für uns das Jahr der Empfängnis – 1963 das der Geburt.“