The Rock/Mission: Impossible/Twister
Michael Bay/Brian De Palma/Jan De Bont
This summer’s action heroes oder Kino im Orkan der Spezialeffekte. Drei Filme fegten in den USA über die Leinwände und durch die Charts und alles andere fort „Twister“ stürmte mit rund 220 Millionen Dollar in sieben Wochen zur bisher erfolgreichsten Produktion des Jahres. „Mission: Impossible“ erreichte in fünf Wochen rund 165 Millionen Dollar, „The Rock“ benötigte drei Wochen für 100 Millionen Dollar. Gemeinsam ist diesem Blockbuster-Trio ein gewaltiger Aufwand an Blendgranaten, also von der klassischen Explosion bis zur digitalen Simulation eines Ereignisses, die primären Elementen ihres Erfolgs. Der Reiz läuft immer weniger vor, sondern auf der blue screen ab. Selbst Computer im Film wirken anachronistisch gegen das, was die Computer aus den Filmen erst machen.
Bang-Bang: In „The Rock“ dienen Spezialeffekte als Knallfrösche für Männer, die im typischen Sujet von gut und böse,jung und alt, edel und eitel die Muskeln spielen lassen. Ein irrer General (Ed Harris) besetzt die Gefängnisinsel Alactraz und nimmt 81 Touristen als Geiseln. Der perfide Patriot fordert von der US-Regierung 100 Millionen Dollar für die Familien gefallener Marines, sonst will er San Francisco mit Giftgasraketen beschießen. Es wird alles aufgeboten, was ein Actionfilm braucht: schwerbewaffnete Terroristen, martialische Militärs, Kommandozentrale, Autorennen, blinkende Bomben und immer wieder Erschütterungen. Bei so viel Pyrotechnik müßte am Ende der Felsen von Alcatraz pulverisiert sein. Dafür hätte Michael Bay auch Stallone oder Schwarzenegger engagieren können, er leistete sich jedoch mit Sean Connery und Nicolas Cage zwei tatsächliche Schauspieler und Oscar-Preisträger. Als Ex-Agent und einziger Ausbrecher von Alcatraz (Connery) und Giftgas-Experte (Cage) raufen sie sich mit amüsantem, ansehnlichem Charme durch allerlei Nebenstränge bis zur finalen Parcourshatz. Digitaler joyride: Bösewicht rast auf einer Rakete in den Tod.
Bond ist tot – es lebe „Mission: Impossible“: Für Brian De Palma sind Spezialeffekte hier Ästhetik und Attitüde einer Auftragsarbeit. Vorgabe ist die gleichnamige Serie, die hierzulande unter dem Titel „Kobra, übernehmen Sie“ im Fernsehen lief. Das Ergebnis ist eine geschickt zum Film aufgeblasene Folge, zugleich ein archetypischer Agentenfilm mit einer Atmosphäre, die „GoldenEye“ vermissen ließ. In Prag sollen Spezialagenten einen Verräter überführen, der eine Liste mit Codenamen westlicher Spione verkaufen will. Die Aktion mißlingt. Nur Ethan Hunt (Tom Cruise) überlebt mit Ciaire (Emmanuelle Beart), die Ehefrau des Einsatzleiters Phelp (Jon Voight), mysteriöse Anschläge. Weil Ethan daher für den Maulwurf gehalten wird, will er mit zwei Ex-Kollegen (Vig Rhames, Jean Reno) die Liste aus dem Hauptquartier der CIA stehlen, um übers Internet durch eine Offerte an einen Waffenhändler die Hintermänner zu enttarnen. De Palma beweist, wie gut er von Hitchcock gelernt hat. Spannend – und spaßig! – ist der Coup im CIA-Computerraum. Mitreißend jedoch ist allein der aus Sequenzen im TV-Format zusammengeschnittene Vorspann zur Titelmelodie. Digitaler joyride: Reno fliegt im Helikopter hinter einem Hochgeschwindigkeitszug durch den Euro-Tunnel.
Bei Jan De Bont sind Spezialeffekte die Naturgesetze an sich. Als Kameramann von „Die Hard“ visualisierte er den Uberlebenskampf von Bruce Willis, in seinem Regiedebüt „Speed“ reduzierte er den Plot konsequent auf die beweglichen Bilder von einem Bomben-Bus. „Twister“ ist sein eigener Hauptdarsteller. Ein Film, der keine Darsteller und keine Geschichte gebraucht hätte, vol allem nicht von „Jurassic Park“-Autor Michael Crichton. De Bonts Tornados sind Spielbergs Dinosaurier: Sie genügen sich selbst. Die Story über zwei Wissenschaftlerteams (launige Hippies vs. arrogante Technokraten), die wie moderne Trapper nach Daten mitten aus den Windhosen jagen (plus Liebe und Lacher), ist Füllmaterial – und Spielmaterial für die Tornados wie Tankzüge, Häuser, Mähmaschinen und Zaunlatten, die als Waffen durch die Luft wirbeln. Ein archaischer Abenteuerfilm, der ohne dreidimensionale Tricks ein kleiner Katastrophenfilm wäre. Digitaler joyride: Bill Paxton und Helen Hunt flattern im Auge des Tornados.
Kino dieses Sommers: Software-Entertainment.