Interview

The Kills im Interview: „KI ist der nächste Schritt, um uns loszuwerden“

Alison Mosshart und Jamie Hince über die Vorteile der Pandemie, Künstliche Intelligenz und ihr erstes Album seit sieben Jahren.

Alison Mosshart (44) und Jamie Hince (54) stecken sich gegenseitig mit Begeisterung über ihr sechstes Album, „God Games“ an. Die US-Sängerin und der englische Gitarrist wirken so gar nicht abgeklärt, gemessen an der Zeit, die die beiden schon gemeinsam Musik machen. Seit 2001 treten sie als The Kills auf. Im Gegensatz zu anderen Rockbands ihrer Generation haben sie ihr kreatives Pulver nicht zu früh verschossen, die Abstände zwischen ihren Platten waren nie atemberaubend kurz. Und doch – „God Games“ mutet sieben Jahre nach „Ash & Ice“ wie ein Comeback an. Was so natürlich nicht geplant war. Sie wollten längst neue Songs veröffentlichen. Aber immer wieder kamen kleine und größere Katastrophen dazwischen, zunächst die Corona-Pandemie, dann war Hince unfallbedingt monatelang an einen Rollstuhl gefesselt. Schließlich griff ihnen ein alter Bekannter unter die Arme.

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Sie haben „God Games“ mit dem Produzenten Paul Epworth aufgenommen. Wie kam es dazu?

Jamie Hince: Er war der Tonmann bei unserer allerersten Tour 2002. Irgendwie fanden wir die Idee gut, wieder mit ihm zu arbeiten. Da hat sich für uns ein Kreis geschlossen.

Alison Mosshart: Paul hat behauptet, wir hätten ihn damals gefeuert. (lacht) Ich kann mich nicht daran erinnern.

Inwiefern hat die Pandemie das Album geprägt?

JH: Im November 2019 endete unsere letzte Tour, Anfang 2020 wollten wir mit der Arbeit an neuen Songs beginnen. Als dann klar war, dass Covid ein ernstes, langfristiges Problem sein würde, öffnete sich für uns ein Highway der Kreativität. Wir sagten uns: Let’s get lost in this!

Sie waren froh, dank Corona eine Verschnaufpause zu haben?

AM: So sehr ich diese Zeit hasse, so dankbar bin ich dafür. Wir haben die Zeit genutzt, um zurückzuschauen – bis wir einen Punkt erreichten, an dem wir uns wieder wie Teenager fühlten, die eine Band gründen und ihr erstes Album aufnehmen. Es war die gleiche Naivität, die gleiche Aufregung und Freude.

JH: Ich denke auch, die Themen auf „God Games“ sind ein bisschen philosophischer, weil man während der Pandemie kaum neue Erfahrungen machen konnte.

Sie haben noch immer den für Sie typischen Garage-Punk-Blues-Sound. Wie schaffen Sie es, einen eigenen Stil zu pflegen, ohne sich zu wiederholen?

AM: Indem wir uns fragen: Was interessiert uns? Was erhöht unseren Puls? Wir spüren diese Art von Enthusiasmus, bei der man denkt: Oh mein Gott, Teil dieser Band und dieses Albums zu sein ist das Beste auf der Welt!

JH: Manchmal denkt man in der Rückschau, dass man manches mit Absicht gemacht hat. Aber tatsächlich ist vieles Zufall. Ich liebe den Druck, spontan etwas abliefern zu müssen und Alison mit einem Riff zu beeindrucken.

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Eine Menge aufregende Gitarrenmusik kommt derzeit von Frauen. Finden Sie das ermutigend?

JH: Ich mag Gitarristen eh nicht besonders. Die meisten stellen Virtuosität über das, was einen Song ausmacht. Frauen scheinen dieses Problem nicht zu haben. Wenn ich mir St. Vincent anschaue: Sie ist eine fantastische Gitarristin, aber sie schreibt keine Songs, um mit ihren instrumentalen Fähigkeiten anzugeben.

„God Games“ ist das erste The-Kills-Album, das zu einem großen Teil am Klavier geschrieben wurde. Wie hat sich das ausgewirkt?

JH: Es war befreiend. Durch das Klavier habe ich die Euphorie der Anfänge wieder zurückgewonnen. Ich wollte mich einfach selbst überraschen. Ich kann ja gar nicht richtig Klavier spielen, aber ich entdecke es für mich. Wir haben noch nie auf diese Weise gemeinsam Songs geschrieben. Bestimmte Tonfolgen und Loops hätte es sonst nicht gegeben.

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In „LA Hex“ und „103“ zeichnen Sie ein dystopisches, vom Klimawandel beschädigtes Bild Kaliforniens. Wie fühlt es sich an, dort zu leben?

AM: Ich weiß gar nicht, ob es in Los Angeles besonders schlimm ist. Die Stadt steht für mich nur stellvertretend für Landschaften überall auf der Welt, Orte, die von Trockenheit, Fluten oder Stürmen bedroht sind. Und dann sind da noch all die anderen Probleme: Obdachlosigkeit, Gewalt, Rassismus. Wir können uns nicht um den Klimawandel kümmern, wenn die Gesellschaft so gespalten ist.

Machen Ihnen die Entwicklungen im Bereich KI-generierte Musik Angst?

JH: Ich bin kein Purist. Ich würde jede Möglichkeit nutzen, um kreativ zu sein. Aber ich kann keinen Vorteil darin erkennen, wenn Roboter Musik machen.

AM: Wir gehören zu den kaum geschützten Industrien. Wir sind von dem Streaming-Ding benachteiligt und werden uns davon nicht erholen – und KI ist der nächste Schritt, um uns loszuwerden.

JH: Die Musikindustrie steckt voller brillanter, radikaler und progressiver Leute. Aber wenn es darum geht, sich gegen diesen Scheiß gewerkschaftlich zu organisieren und zu rebellieren, gibt es keine Solidarität.

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Sie haben beide in verschiedenen Bands gespielt. Ist es einfacher, Konflikte zu lösen, wenn man Teil eines Duos ist?

JH: Hundert Prozent ja! Je mehr Mitglieder eine Band hat, desto schwerer wird es. Es ist etwas so Wertvolles, wenn man mit seinem absolut besten Freund gemeinsam Musik machen kann!

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