THE FUTURE IS NOW!

Martin Carr ist schon recht angeschickert am Ende dieses langen Tages. Doch nicht zu betrunken, um das Motto der Boo Radleys, das die Spatzen von den Dächern pfeifen, von sich zu weisen: „Unser Ziel war und ist dasselbe: fucking berühmt zu werden, Tonnen von Drogen zu nehmen und wie die Beatles zu sein.“ So wird Carr zitiert, und so stellt man sich eine Pop-Karriere in Britannien ja auch vor. „Das soll ich gesagt haben?“ fragt Carr ungläubig. Da muß ich noch jünger gewesen sein. Heututage sind wir schon zufrieden, wenn wir den Tag heil überstehen.“ Mit Alkohol.

Mit der Berühmtheit ist es nicht recht etwas geworden, obwohl die Boo Radleys seit Anfang der Neunziger fünf Alben herausbrachten, von denen mindestens „Wake Up!“die schönsten Erwartungen erfüllte und den unvergänglichen Popsong „Wake Up, Boo“ abwarf. Das war auf dem Höhepunkt des Britpop, kurz vor „Wonderwall“. Doch die Experimentierlust der Liverpooler führte noch stets vom Königsweg ab. Mit JCingske a ist ihnen nun ein Kaleidoskop gelungen, das sogar ihren Hang zu Sound-Schnickschnack und überladenen Arrangements integriert „Natürlich gibt es eine Krise des Britpop“, so Carr. „Das ist ja der Grund, weshalb es unsere Band überhaupt gibt.“

Solche Gallaghersche Hybris gehört in Britannien zum Geschäft, sofern man nicht über das Heiligmäßige der Manie Street Preachers gebietet Dabei sind die Boo Radleys nicht nur eine launische, sondern auch eine zutiefst sentimentale Band. „Kingsize“ ist ein Album der Wehmut, auf dem „The Old Newsstand At Hamilton Square“ gedacht wird und „Monuments For A Dead Century“ errichtet werden. „Heaven’s At The Bottom Of The Glass“, findet Carr. Und dem Fußballspieler Martin Webb wird bescheinigt, er sei Gott.

Am Ende der Abgesänge aber steht ein Statement von geradezu oasisartiger Schlichtheit und Größe: „The Future Is Now“. Darauf trinken wir noch einen.

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