Die meistunterschätzten Alben aller Zeiten: The Cure – „The Top“

Mit ihrem Übergangsalbum hatten sich The Cure vom ganz depressiven Sound ihres Frühwerks zu einer psychedelisch bepinselten und angedickten Schwanzrockvariante vorangearbeitet.

Zu den ersten Konzerten, die der Verfasser dieser Zeilen besuchte – damals gerade süße 16 geworden –, zählt der Auftritt von The Cure im Hamburger Stadtpark im Juni 1985.

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Schon beim ersten Blick in das OpenAir-Rund bot sich dem jungen weltmüden Menschen ein überaus begeisterndes Bild: Tausende und Abertausende von The-Cure-Hörern, durchweg in Schwarz gekleidet, durchweg mit melancholischem Blick.

Wer sich bewegte, tat dies mit ostentativer Langsamkeit und Erschöpfung, wer stillstand und andächtig hörte, zuppelte sich dazu mit den Händen geistesabwesend in der von Haarspray hochgeplusterten Frisur.

Zwischen Schwere und Leichtigkeit

Die Stimmung war gothic, aber die Musik war es schon gar nicht mehr, denn The Cure hatten sich vom resignativerschlafften oder auch ganz depressiven Sound von Alben wie „Seventeen Seconds“, „Faith“ und „Pornography“ gerade zu einer psychedelisch bepinselten und angedickten Schwanzrockvariante vorangearbeitet, zu hören gleich im Eröffnungsstück des Konzerts, „Shake Dog Shake“ vom seinerzeit aktuellen Album „The Top“.

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Dieses gilt gemeinhin als Übergangswerk, ihm fehlt die Schwere der Frühachtziger-Phase, aber auch die Leichtigkeit der dann folgenden Alben „The Head On The Door“ und „Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me“. Tatsächlich ist „The Top“ gerade deswegen herausragend.

Es ist ebenso bunt wie kurzweilig verwirrt, es ist ebenso verzweifelt, lebens- und liebeswund, wie es offen für alle möglichen musikalischen Inspirationen ist, für arabische und spanische Klänge und sogar für Saxofon-Soli.

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Wer The Cure damals aufgrund der Auffassung mochte, dass von der Welt nicht viel zu erwarten ist – und das waren die meisten –, konnte sich von diesen Songs davon überzeugen lassen, dass es da draußen vielleicht doch noch Schönes gibt, das der Entdeckung harrt und lohnt.

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Am Ende des Konzerts begannen dann noch alle Pogo zu tanzen, als es in den Zugaben zu „10:15 Saturday Night“ kam, und weil es die längste Zeit geschüttet hatte wie aus Eimern, wurden die mitgebrachten Regenschirme kreativ als Hieb-und-Stichwaffen gebraucht.


Die meistunterschätzten Alben aller Zeiten

Ohne Konzerte und Festivals fanden wir uns plötzlich abends auf unsere Plattensammlungen zurückgeworfen und stellten fest: Oft sind es nicht die kanonisierten Klassiker, die man besonders gern auflegt.

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Stattdessen sind es Alben im Katalog eines lieb gewonnenen Künstlers, die man ganz für sich allein zu haben scheint, weil der Rest der Welt sie verschmäht oder gar schon vergessen hat – missverstandene Geniestreiche, verkannte Meisterstücke, vernachlässigte Schlüsselwerke und Platten, die einfach viel besser sind als ihr Ruf und eine Neubewertung verdienen.

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