THE CURE
HAMBURG, MARKTHALLE
In der Event-Kultur gibt sich das Besondere gern schmuddelig. Keine Hütte kann klein genug sein, um die Abkehr vom Superstartum zu demonstrieren: Rückbesinnung, Dank an die echtesten aller Fans, Reduktion aufs Wesentliche, Album-Launch. Anschließend After-Show-Party, nicht so anstrengend wie das Zuhören in der stickigen Bude. Diesmal kam alles zusammen: The Cure unter Umständen wie 1983, bloß ist die Absperrung schon am Treppen-Absatz, dazu eine zweite Kontrolle, eine zweite Garderobe und eine zweite Toilette. Auf dem Bürgersteig versuchsweise Gebote: 250 Mark für eine Karte. Bargeld lacht, der Glückliche auch. Kein Geld der Welt!
Auch Robert Smith hat einen glücklichen Abend. Einem Deppen vom Frühstücksfernsehen erzählt er noch, er lache durchaus, aber nicht vor der Kamera. Und lächelt. Später, im Konzert, grinst Smith für einen kurzen Moment selig, als „A Forest“ verklungen ist, das ein Klüngel Kundiger mitskandiert hat: „And again and again and again…“ Beinahe der einzige Tribut ans kurze Gedächtnis und die einzige offenkundige Wahl in einem Programm, das Smith rigide an der nun abgeschlossenen Trilogie „Pornography“, „Disintegration“ und „Bloodflowers“ ausgerichtet hat. Zum Auftakt „Out Of This World“, noch sehr verhalten, zum Abschluss des ersten Sets „Bloodflowers“. Mit „Fascination Street“ nehmen die Cure Fahrt auf, dann das famose „Want“, „If Only Tonight We Could Sleep“ und das ausufernde „Watching Me Fall“ vom neuen Album. Die Intros sind lang, die Songs länger. Bereits die Ansage von „One Hundred Years“ löst Jubel aus – und tatsächlich gerät der „Pornography“-Brecher zum hypnotischen Gipfelpunkt des Konzerts. „Prayers For Rain“ ist ein wenig zu breiig, doch dann folgt der Waldgang.
Als Zugaben spielt Smith noch immer keine Jungs und keinen Araber, keine Liebeskatzen und Liebeslieder: „A Strange Day“ und der etatmäßige Schluss-Song „Disintegration“ beenden die zwei Stunden „how it always ends“, wie Smith elegisch wiederholt. Wie Brisko Schneider als Kobold bedankt sich der kleine Mann, den schüchtern zu nennen grob wäre. Der Tröster unserer trüben Schultage, ein Jahrzehnt später: Einen Besseren findest du nicht. Bei der Party war ich nicht anwesend. Aber Smith soll mit jedem gesprochen haben, der etwas wissen wollte. Lust auf Ironie.
ARNE WILLANDER