The Beatles: Alle Songs von „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ im Ranking
ROLLING-STONE-Redakteur Maik Brüggemeyer präsentiert den großen „Sgt. Pepper's“-Countdown!
12. Good Morning Good Morning
Das gesamte Frühwerk von Blur basiert auf diesem von einer Cornflakes-Werbung inspirierten Track über den Alltag eines Englishman-Jedermanns. Die Tierstimmen am Schluss des Songs sind vom Beach-Boys-Album „Pet Sounds“ inspiriert – aber natürlich müssen sie hier mit einer englischen Fuchsjagd enden.
11. Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band
Ein, so scheint’s, vergleichsweise einfacher Rocksong, der das Konzept dieses komplexen Albums – die Beatles sind nicht mehr die Beatles, sondern unterhalten uns als die Lonely Hearts Club Band eines gewissen Sergeant Pepper – umreißt. Aber wenn man seine Aufmerksamkeit mal darauf lenkt, wie hier die Geräusche aus dem Zuschauerraum, Band- und Orchesterarrangement ineinander spielen, stellt man fest, dass der Teufel hier im Detail steckt. Man ist gewarnt für das, was kommt.
10. Being For The Benefit Of Mister Kite
Während der Dreharbeiten des Films zu „Strawberry Fields Forever“ hatte John Lennon in Sevenoaks/Kent in einem Antiquitätenladen ein altes Zirkusplakat erstanden, das er in einen Song verwandelte. Den Text las er quasi vom Plakat, die Musik war wesentlich komplizierter, er wolle eine „Kirmesatmosphäre“ und „den Geruch von Sägemehl“ erklärte er seinem Produzenten George Martin, der allerlei Orgeln anschleppte.
9. With A Little Help From My Friends
Dass Ringo Starr auf jedem Album einen Song singen musste, gehörte zur Beatles-Folklore (nur auf dem so allerdings perfekten „A Hard Day’s Night“ wichen sie davon ab). Für das „Sgt. Pepper’s“-Stück nannte Hauptkomponist Paul McCartney den singenden Schlagzeuger in „Billy Shears“ um und machte seine gesanglichen Beschränkungen zum Thema des Songs (ursprünglich hieß es im Text, den er gemeinsam mit Lennon schrieb: „What would you think if I sang out of tune? Would you throw ripe tomatoes at me?“). Das Ergebnis: Bester Ringo-Gesangsauftritt aller Zeiten, und ein Song, der mittlerweile zum modernen Volkslied geworden ist. Als Lennon kurz vor seinem Tod seinen vierjährigen Sohn Sean nach seinem liebsten Beatles-Song fragte, antwortete der natürlich: „With A Little Help From My Friends“.
8. Lovely Rita
Zugegeben: Die Geschichte scheint zunächst mal ein wenig albern (die Zeile: „Sitting on her sofa with a sister or two“ ist allerdings schon beim ersten Hören lustig), aber das Arrangement dieses Liedchens ist mindestens so entzückend wie die besungene Politesse, und die letzten 30 Sekunden sind eine Sternstunde britischer Psychedelia. Bei den Aufnahmen waren die im Nebenstudio arbeitenden Pink Floyd zu Gast und zeigten sich beeindruckt von all den hier zum Einsatz kommenden Effekten. Noch am selben Tag nahmen sie ihr Instrumentalstück „Pow R. Toc H.“ auf.
7. When I’m Sixty-Four
Das erste Stück, das McCartney bei den „Sgt. Pepper’s“-Sessions präsentierte, hatte er als junger Teenager inspiriert von den Tin-Pan-Alley-Songs geschrieben, die sein Vater Jim sonntags am heimischen Klavier spielte. Im Arrangement für zwei Klarinetten und eine Bassklarinette von George Martin versprüht dieses herrlich altmodische Liedchen mit dem leicht ironisierten Gesang den Charme eines englischen Badeorts. Rockisten haben „When I’m Sixty-Four“ immer gehasst, ein Grund mehr, es zu lieben.
6. She’s Leaving Home
Die kleine Schwester von „Eleanor Rigby”. Inspiriert von einem Zeitungsartikel über ein vermisstes Mädchen. McCartney schrieb Melodie und Geschichte, Lennon den griechischen Chor. Das Streicherarrangement stammt von Mike Leander, der zuvor etwa „As Tears Go By“ von den Rolling Stones orchestriert hatte. Er trägt dabei ein bisschen dick auf, was „She’s Leaving Home“ vor allem unter Stereofreunden den Ruf eines Rührstücks einbrachte. Auf der etwas schneller und einen Halbton höher abgespielten Monoversion kommt dieser Eindruck gar nicht erst auf, und der McCartney-Lennon-Wechselgesang ist eh fantastisch.
5. Lucy in The Sky With Diamonds
Die Geschichte von John Lennons dreijährigem Sohn Julian, der auf die Frage, was er denn da aufs Papier gekrakelt habe, antwortet: „Lucy in the sky with diamonds“, ist Teil der Rockmythologie geworden. Die surreale Bilderwelt des Songs spiegelt sich im immer verstiegener werdenden Arrangement. Wirkt auch ohne LSD wie LSD.
4. Fixing A Hole
Ein Schmuckstück, das selten erwähnt wird, wenn es um die großen Beatles-Songs geht. Dabei ist dieser Track vom Cembalo-Auftakt mit der hinterherhoppelnden Rhythmusgruppe bis zu den Gitarrensoli und Gesangsharmonien einfach perfekt. Die psychedelische Verfremdung des Alltäglichen, ein wichtiger Topos auf „Sgt. Pepper’s“, wird hier filigran durchgespielt: ein Loch in der Straße wird zum Loch im Bewusstsein und zum Wurmloch, das direkt zu den 4.000 Löchern in den Straßen von Blackburn/Lancashire führt, die in der letzten Strophe letzten Songs auf „Sgt. Pepper’s“ vorkommen …
3. Within You Without You
Dem Konzept hinter dem Album, nicht mehr die an die Beatles gestellten Erwartungen zu erfüllen und stattdessen eine ganz andere Band zu sein, entspricht kein Stück auf „Sgt. Pepper’s“ mehr als dieser, was auch daran liegt, dass auf diesem Track nur ein einziger Beatle mitspielt. George Harrison unternahm seine Reise in die indische Musik mit seinen Freunden vom Asian Music Circle aus dem Londoner Vorort Finchley, und George Martin schrieb dazu ein fantastisches Arrangement, in dem ein Streichensemble den indischen Klängen antwortet. Ein betörender Moment des Innehaltens im bunten „Sgt. Pepper“-Karneval.
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2. Getting Better
Der mitreißendste Song auf „Sgt. Pepper’s“ – genialisch mit metallisch klingelnden Gitarren, tänzelndem Bass, fantastischen Harmonien und schnarrender Sitar arrangiert und ein Showcase der späten Lennon/McCartney-Songwritingkunst: Der extrovertierte Entertainer und Melodietitan Paul, der die Beatles begeistert von den Entwicklungen in Avantgarde und Underground vorantreibt, schmettert: „It’s getting better all the time“, und der introvertierte Zyniker John, der sich statt von äußeren Impulsen von der eigenen Originalität leiten ließ, antwortet: „It can’t get more worse.“ Viel besser wird’s nicht mehr.
1. A Day in The Life
John Lennon und Paul McCartney kamen beim Songwriting – wie bei ihrer kurz zuvor entstandenen fantastischen Single mit den beiden A-Seiten „Penny Lane“ und „Strawberry Fields Forever“ – schon ganz gute ohne einander aus, doch hier finden Lennons Witz und Schnoddrigkeit und McCartneys Musikalität und Avantgardelust im Studio noch einmal zusammen. Der mächtige Schlusspunkt eines Kunstwerks, das mehr ist als ein Musikalbum: eine kulturelle Ikone.