Terror und Tatsachen
Selbst Hardcore-Fans der Serie „24“ wissen, dass Jack Bauer in L.A. zwischen acht und neun Uhr morgens eigentlich nur im Megastau stehen kann – und nicht die Welt retten. Doch krankt „24“ vielleicht an noch gravierenderen Plausibilitätsproblemen? Um das herauszufinden, ließen wir den früheren CIA-Analysten und Anti-Terror-Spezialisten des Weißen Hauses, Larry Johnson, die Handlung der bisherigen Staffeln begutachten.
STAFFEL 1: Böse Balkan-Buben planen mithilfe eines Maulwurfs in der Anti-Terror-Einheit CTU die Ermordung des Präsidentschaftskandidaten David Palmer, um ein vom Kongress gebilligtes Attentat im Kosovo zu rächen.
„Das Motiv ist nachvollziehbar, der geheimnisvolle Maulwurf in der CTU dagegen ziemlich weit hergeholt.“
STAFFEL 2: Terroristen aus dem Nahen Osten versuchen, in L.A. eine Atombombe zu zünden – unterstützt von amerikanischen Giersäcken, die einen Krieg anzetteln wollen, um den Ölpreis in die Höhe zu treiben.
„Eine Atombombe detonieren zu lassen ist alles andere als einfach. Viele so genannte Kofferbomben haben gerade mal genug Sprengkraft, um eine Brücke in die Luft zu jagen. Und dass immer gewissenlose Geschäftsmänner im Hintergrund die Strippen ziehen, ist ein billiger Hollywood-Trick.“
STAFFEL 3: Drei Terroristen drohen mit der Freisetzung eines tödlichen Virus, um einen inhaftierten Drogenboss freizupressen.
„Die Legende vom tödlichen Virenangriff ignoriert biologische Tatsachen. Ein hoch ansteckendes Virus tötet seinen Wirt zu schnell, um sich weit ausbreiten zu können. Außerdem ist die Vorstellung, die Regierung könnte so eine Situation rasch in den Griff bekommen, angesichts der Erfahrungen mit Katrina geradezu lächerlich.“
STAFFEL 4: Türkische Terroristen entführen den US-Verteidigungsminister und bombardieren einen Pendlerzug, um an ein Gerät heranzukommen, das Atomreaktoren schmelzen lassen kann. Ein in die Sache verwickeltes Rüstungsunternehmen verursacht einen Stromausfall in L.A. Im Schutz der Dunkelheit klauen die Terroristen einen Tarnbomber, um die Präsidentenmaschine abzuschießen, sich den nuklearen Fußball zu sichern und einen Raketensprengkopf abzufeuern.
„Das Einzige, was noch fehlt, sind Aliens. Schon eines der Vorhaben zu realisieren, wäre schwer genug, aber alles in nur 24 Stunden…“
STAFFEL 5: Tschetschenische Rebellen wollen Hunderttausende Amerikaner mit Nervengas umbringen.
„Nervengas funktioniert nur, wenn es sich wirklich flächendeckend ausbreitet. Dazu muss man das betreffende Gebiet aus der Luft und mit Artillerie bombardieren wie im Iran-Irak-Krieg. Selbst in einem Einkaufszentrum würden die meisten Leute heil davonkommen.“