Teen-Punks kommen in die Jahre
Ein enigmatisches Progrock-Cover mit dem Logo des alten Essener Krupp-Konzerns kündet das Comeback der Killerpilze an
Seeed haben zu Jahresbeginn mit „Augenbling“ eine souveräne Lufthoheit in den noch jungen deutschen Radio- und Singlecharts; hinter der ewigen Rihanna mit „Diamonds“ natürlich. In den Albumlisten führt die große Helene Fischer („Für einen Tag – Live 2012“) hinter dem erstaunlichen Kölner Hippie-Pärchen Mrs. Greenbird. So weit, so vielschichtig der Musikgeschmack der kaufenden Bevölkerung. Zu einer ersten echten Bewährungsprobe kommt es spätestens Anfang März, wenn die lange Zeit verschollen geglaubten Killerpilze ihr neues Album veröffentlichen. Eine herzergreifende Coming-Of-Age-Story, die sich die PR-Abteilung der einstigen Kinderpunks da ausgedacht hat. „Höhen und Tiefen. Selbstfindungsphasen, Sorgen, Ängste, Zweifel.“ Klingt fast wie bei Johnny Cash in der desperaten Ära vor June Carter. Immerhin vier Alben haben die „Pilze“, wie sie liebevoll im Freundeskreis gerufen werden, schon hinter sich. Nunmehr, mit „Mitte 20“ muss es dann etwas tiefgründiger und verschwurbelter zugehen. Die eitle Kunst ist da nicht fern. Die bereits durchs Weltnetz gondelnde Single „Die Stadt klingt immer noch nach uns“ wirkt trotzig und rockt bodenständig. Als hätten sie eine Vita von bewährten Revoluzzern à la Joe Strummer zu verteidigen. Dillingen is burning with boredom. Titel des entsprechenden Albums ist übrigens „Grell“, mit einem freimaurerartigen Geheimlogen-Cover mit dem alten Logo von Krupp. Also das mit den drei Eisenringen. Die Rede ist von „Licht, Helligkeit, neuen Ufern“. Die Psychophase ist nah. ralf niemczyk