Tausendsassa
Auch solo versteht sich Ken Stringefellow, Meister der Kollaborationen, im Understatement
Ich habe bei den Posies immer in Extremen gelebt: Entweder war alles ganz phantastisch oder vollkommen elend – wie bei einer Teenagerliebe, die dich emotional total auffrisst. Ich war froh, als es vorbei war.“ Sagt Ken Stringfellow, drei Jahre nachdem er und Kollege Jon Auer die gemeinsam gegründete College-Rock/ Gitarrenpop-Formation The Posies zu einem frühen Ende gebracht haben.
Ein Ende nicht ohne Tragik. Stringfellow und Auer, potente Sänger und Liedschreiber mit Vorliebe fürs traditionelle Komponieren, scheiterten trotz drei toller Alben an ausbleibenden Verkaufserfolgen und dem alles andere nivellierenden Grunge-Hype, der den Posies nicht nur daheim in Seattle das große Publikum entzog. Stringfellow nutzte das Ende seiner Jugendkapelle, um erst mal die eigene Seele zu renovieren. „Es kam mir während des ersten Teils meiner Karriere vor, als hätte mich das Leben an der Kehle gepackt, um mich nach Belieben irgendwohin zu zerren. Mittlerweile habe ich mehr Kontrolle über das, was mit mir passiert – es geht jetzt erst mal darum, mit mir selbst und den Menschen um mich herum klarzukommen. Daraus entsteht die Musik, nicht anders herum.“
So haben sogar die Posies wieder eine Chance. Stringfellow und Auer haben im letzten Jahr überall auf der Welt einige Konzerte gewagt, und sogar ein neues Album sei geplant, verrät Stringfellow. Jedenfalls, wenn dazu Zeit bleibt. Seit dem Ende der Posies hat Stringfellow als Sideman, Kollaborateur und Produzent unendlich viel Musik an den Start gebracht, hat Lagwagons Westcoast-Punk mit melodischem Schönsinn drapiert, den gelegentlich wiedererstehenden Big Star als Bassist zur Seite gestanden und mit Scott McCaugheys Minus Five gespielt.
Und dann sind da ja vor allem noch R.E.M. – denen dient Stringfellow seit einigen Jahren im Studio und auf der Bühne als Hilfsmusikant an allerlei Instrumenten. „Natürlich ist das ein irres Privileg. Du lernst von den dreien vor allem, ganz deiner eigenen Gabe zu vertrauen und fest daran zu glauben, dass deine Kreativität am Ende etwas Großartiges schaffen wird.“ Eine Prämisse, der der kaum 30-jährige Tausendsassa mit seinem zweiten Soloalbum treu folgt. Auf „Tbuched“ vermengt Stringfellow zart knarzende Gitarren mit alternativen Attitüden und klassischem Handwerk und empfiehlt sich mit viel Understatement so als stiller Könner, der die Kraft für die Kunst der anderen aus einer tiefliegenden Quelle speist. „Ich habe im Laufe der Jahre so irrsinnig viel .fremde‘ Musik aufgenommen“, stellt Stringfellow fest, „da stillte man doch meinen, dass ich in der Lage bin, mich auch mit meinem eigenen Zeugs vernünftig ausdrücken zu können.“