SXSW 2024: Deutsche Elektronik und Neo-Klassik in Cowboy Country
Wie wird man Big In America? „Initiative Musik“ schickt 19 Acts über den Großen Teich
Das heute vor allem im Wirtschaftsteil erwähnte Medien-Festival „South By South West“ (SXSW) im texanischen Austin ist vor 37 Jahren als niedliches Musik-Meeting gestartet. In den Clubs und Saloons entlang der 6th Street spielten recht entspannt Solisten und Bands auf.
Eine amerikanische Indie-Version der europäischen Pendants: Die einst etablierte Yacht- und Musikverleger-Sause Midem (Cannes) und die rasch expandierende Popkomm in Köln. Während letztere bereits Mitte der Nullerjahre nicht mehr existiert, irrlichtet die Midem nach Krisen, Absagen und Besitzerwechsel vor sich hin. Als Zombie der alten Musikindustrie.
Die „SXSW“ wiederum geriet zur US-Einflugschneise internationaler Newcomer, die hier für den weltwichtigen amerikanischen Markt einen schlanken Fuß machten. Pop- und Rock-Export in die USA hat ja schließlich auch etwas von Eulen nach Athen zu tragen.
2007, also im 21. SXSW-Jahr, konnte der Kurznachrichten-Dienst Twitter im angedockten Internet-Kongress seinen Durchbruch feiern. Seitdem wird das Treffen in Austin international zunehmend als Tech-Veranstaltung wahrgenommen. Pop spielt weiterhin eine (große) Rolle; doch das Big Business hat im örtlichen Convention Center, wie in der Gesamtwirtschaft auch, längst die Lufthoheit übernommen.
Das alles ist nicht ganz unwichtig, wenn man über deutsche Musik-Beteiligung der Förder-Institution „Initiative Musik“ berichtet. Das in den letzten Jahren bestehende „Deutsche Haus“, eine Art temporäre Popkultur-Botschaft im Umfeld der Rocker-Meile von Austin, kam 2024 aus Geld- und Organisations-Gründen nicht zustande. Auch sonst wurden kleinere Brötchen bei der US-Präsentation gebacken.
Trotz schmälerer Budgets und grundsätzlicher Erwägungen, ob man die Eroberung von New York, Westcoast und Konsorten nicht einfach „dem freien Markt“ überlassen sollte, hat der German Music Export der Initiative Musik 19 Acts nach Austin gebracht. Man wolle, so „Initiative“-Geschäftsführerin Katja Lucker, „die Vielfalt der deutschen Musiklandschaft repräsentieren und so eine große Wirkkraft beim internationalen Publikum entfalten“.
Dennoch keine bunte Wundertüte von Blasmusik bis Death Metal, sondern ein fokussiertes Programm bei „German Music @ SXSW”. Neben Einzelshows vom Minimal Schlager oder Moritz Simon Geist gab es zwei kuratierte Abendveranstaltungen, die sich laut Beobachtern vor Ort sehr gut im übervollen Live-Bouquet im allgemeinen Remmidemmi Demmi der Austiner Nächte behaupten konnten.
Das mag auch an den stimmigen Orten gelegen haben: Die Central Presbyterian Church zu Austin sah die Grandbrothers aus Düsseldorf (die bereits im Kölner Dom aufspielen durften), die Komponistin Lisa Morgenstern und die Neo-Klassikerin Sofi Paez. Der „Rooftop“ des Coconut Club swingte in einem Electronic Showcase mit Malugi, Nils Hoffman und Session Victim. Und beim Barbeque im Shangri musizierten live zu Spear Ribs und Burgern: ÄTNA, Lie Ning, Meagre Martin, orbit und Willow Parlo.
Man darf gespannt sein, ob amerikanische Booker und Plattenfirma nach dem SXSW 2024 eine Karriere der offiziell kredenzten „Krauts“ vorantreiben werden.