Surrealistischer Kammer-Pop

Songwriter Brian Lopez stammt aus Tucson, Arizona – Calexico und Giant Sand sind aber nicht sein Ding. Er vertraut lieber seiner Eingebung, alten Croonern und einem Leitspruch von Dalí.

Die Grenze zwischen Mexiko und den USA gilt als eine der bestbewachten der Welt. Dass hier neben Menschen und diverser Schmuggelware auch musikalische Strömungen den Grenzstreifen passieren, führt der US-Songwriter Brian Lopez auf seinem Debüt „Ultra“ eindrucksvoll vor. „Retropsychedelischen Kammerpop“ nennt er seinen Stil, der ihm in seiner Heimatstadt Tucson in die Wiege gelegt wurde. Auf dem Album sind Einflüsse zu hören, die im Wüsten-Soziotop von Arizona keine präzise geografische Heimat mehr haben: Latin Jazz, Psychedelic Rock, Country, Mambo.

„Es gibt hier keine Musiker, die wie eine bestimmte Band klingen wollen. Unsere Einflüsse kommen von der Straße“, sagt Lopez, der gesanglich an das fiebrige Tremolo von Antony Hegarty erinnert. Ihn amüsieren solche Vergleiche bestenfalls. „Leute meinten, ich würde wie Jeff Buckley singen. Dabei besitze ich kein Album von ihm.“ Auch Calexico und Giant Sand, Tucsons wichtigste Bands der vergangenen 20 Jahre, haben sein Schaffen kaum tangiert. Sie waren entweder zu alt – oder er zu jung. Brian Lopez ist ein Solitär, der hier und dort etwas ablauscht, aber stets der eigenen Eingebung folgt. Zwischenzeitlich studierte er Operngesang. „Das Gesangstraining war wie Anabolika für die Stimmbänder“, sagt er. Anschließend heuerte er als Gitarrist in einem Mambo-Ensemble an und entdeckte dabei seine spanischen Wurzeln neu. Für sein Soloalbum hat Lopez insbesondere die Lieder von Patsy Cline, Sam Cooke und Roy Orbison genauer studiert. Sie bestärkten ihn, selbst einen organischen Sound für „Ultra“ zu erschaffen.

Mit 22 Jahren verließ Lopez seine Heimat, ihn zog es nach Europa. In Barcelona stieß er auf das künstlerische Schaffen von Salvador Dalí. Eine Selbstbeschreibung des großen Surrealisten ließ Lopez nicht mehr los: Dalí sagte, er sei eine „Sau, auf dem Weg zum Nonplusultra“. Aus dem markigen Spruch destillierte Lopez den Albumtitel „Ultra“ – er unterstreicht die Kompromisslosigkeit des Debüts: „Zum ersten Mal konnte ich alle Entscheidungen selbst treffen, ohne auf irgendjemand Rücksicht nehmen zu müssen.“ Denn eines hat Lopez längst kapiert: „Eine Rockband ist mindestens so anstrengend wie eine Ehe.“

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