Stoppok – Hamburg, Grünspan
Im Berliner Szeneblättchen namens „Guide“ durfte jüngst ein Ex-Komsomolze unter Beweis stellen, daß er seine Lektionen aus der Puhdys/Karat-Kaderschmiede nicht verlernt hatte. In klassisch betonstalinistischer Diktion nagelte unser Anonymus die Nomenklatura der deutschen Musikwerktätigen in den Ligen „schlecht“, „schlechter“, „am schlechtesten“ fest. Schlecht: Dieter Bohlen. Schlechter: Wolfgang Petry und Pur. Am schlechtesten: Stefan Stoppok! Und weil unser IM mittels seiner Stasi-Abhörgerätschaften bei Stoppok „öde Sozialkritik“ und „stockkonservativen Rödelrock“ ausgemacht hatte, lautete sein Verdikt, adressiert an alle nicht linientreuen oder systemkritischen Berliner: „Bitte zu Hause bleiben.“ No Sleep Till Nowosibirsk für diesen Schlagetot an seinem „Mielke“-Schreibmaschinengewehr!
No Sleep Till Grünspan hieß hingegen die Losung für Stoppok am „Tag der Arbeit“. Hamburgs Werktätige erschienen massenhaft und wurden mit einem gänzlich Sozialkritik- und Rödelrock-freien Auftritt belohnt. Stoppok & Co. hatten ein Heimspiel, und der frenetische Jubel von den Rängen beflügelte sie zu einem Song-Feuerwerk brillantester Art. Von „Fan von“, „Mülldeponie“, „Hampelmann“ oder Jede Stunde“ (alle neu) bis zu Klassikern wie „Dumpfbacke“, „Tage wie dieser“ oder „Der Kühlschrank“ – alles wurde in Gourmet-Qualität serviert und genossen. Auch aus Dziuks Küche gab’s ein Schmankerl: Danny bewies mit „(Leute sind) seltsam“, daß er als Songwriter dem Bandleader in nichts nachsteht Zum Schluß gab’s reichlich „Ärger“, der – von Stoppok durch launische Intermezzi garniert – zum Marathon-Gassenhauer wurde. Köstlich, und Tränen wurden literweise gelacht. Derweil gab’s in Berlin auch Ärger und Tränen, allerdings gänzlich anderer Natur. Hier widmeten sich mal wieder Bullen und „Autonome“ ihrer 1.-Mai-Traditionspflege: Man haute sich die Birnen blutig und nebelte sich mit Tränengas ein. – Noch Fragen, welcher Gig „am schlechtesten“ war? Bei welchem der Rat „bitte zu Hause bleiben“ wirklich Sinn gemacht hätte?