Stone im August
Was haben das RSA (ROLLING STONE-Archiv) und die NSA (National Security Agency) gemeinsam? Sie versammeln Informationen, die für den weiteren Verlauf der Geschichte interessant sein könnten. (Allerdings, das sollte man klarstellen, befindet sich unser Archiv dabei immer auf der Seite der Legalität und Moral.) Wer 2008 unsere August-Ausgabe gelesen hat, wird ob der Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden über ausgespähte Telefonverbindungen und Internetdatensätze vermutlich nur gelangweilt mit den Schultern gezuckt haben. Denn hier sieht man das heutige Oberhaupt der Späh-und Abspeichernation, Barack Obama, schon an einem Tisch vor zwei (!) Laptops sitzen (zum Überspielen?). ROLLING STONE-Gründer Jann S. Wenner, der im Wahlkampfjet mitfliegen durfte, erklärte der damalige Präsidentschaftskandidat, das Internet sei ein „Werkzeug“, mit dem man sich „permanent informieren“ könne. Ja, musste man da als Bürger eines USA-Partners „dritter Klasse“ wie der Bundesrepublik nicht schon hellhörig werden? Der brillante Rhetoriker Obama startete gleich ein Ablenkungsmanöver, indem er -wie ein früher Vorfahr der Piraten – auf die großen Chancen des Internets für die Demokratie hinwies: virtuelle Bürgerversammlungen und mehr Transparenz.
Der Songwriter Randy Newman, der in derselben Ausgabe ein paar Seiten vor Obama (allerdings von einem fürchterlichen Schluckauf geplagt) zu Wort kommt, war von Anfang an skeptisch, was die Motive des Demokraten anging. So ließ er sich, im Gegensatz zu Kollegen wie Bruce Springsteen, nicht in die Wahlkampfkampagne einspannen -und das, obwohl er die damalige Regierung von George W. Bush für die schlimmste hielt, die die USA je hatten. „Es sei denn, das alles ist eine Verschwörung der Nachrichtenagenturen, und die haben das alles nur erfunden. Wir sind gar nicht im Irak! (lacht) Als Kind war es für mich unvorstellbar, dass unser Land ein anderes Land angreifen könnte, wenn dieses nicht zuvor uns attackiert hat. Ich meine, gut, es gab da kleine Ausnahmen wie den spanischamerikanischen Krieg und Grenada. Aber egal, wie sehr wir die Regierung manchmal gehasst haben mögen, dachten wir
doch immer, wir seien die Guten.“ Das Modell Amerika habe aber versagt, fährt er fort. Und allmählich würde das sogar den Verbündeten klar. „Der ganze Bluff ist aufgeflogen. Wenn man mal in die Geschichtsbücher schaut, haben die Amerikaner ja eigentlich nichts wirklich gut gemacht. Außer in der Musik und vereinzelt in der Wissenschaft. Mich würde es nicht wundern, wenn sie bald irgendwelche russischen Archive öffnen und feststellen, dass es den Kalten Krieg überhaupt nicht gegeben hat!“
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