stolze stimme: Nach dem schleichenden Ende der Fine Young Cannibals kehrt ROLAND GIFT jetzt allein zurück
Roland Gift hat Angst vorm Fliegen. Nicht so viel, dass er auf Urlaub verzichten würde, aber genug, um im Zug von London nach Hamburg zu reisen, wo er sein Soloalbum „Rioland Gift“ vorstellt. Die Unterscheidung ist bezeichnend. Der ehemalige Sänger der Fine Young Cannibals setzt heutzutage andere Prioritäten. In den vergangenen Jahren hat er „“auf die Kinder aufgepasst, ein bisschen geschauspielert, Häuser gewechselt – und wenig über Musik nachgedacht“.
Nachdem sich die Fine Young Cannibals „“in Luft aufgelöst“ hatten, weil sie monatelang vergeblich versucht hatten, ein drittes Album zustande zu kriegen, brauchte der Brite erst einmal eine Pause. Traurig ist er nicht, wenn er an die Band zurückdenkt: „“Manche Dinge haben eben eine begrenzte Haltbarkeit.“ Anfangs fand er es seltsam, ohne seine Kollegen im Studio zu stehen, aber dann bemerkte er, dass er nun endlich alles allein entscheiden kann ohne deshalb auf seinen Bekanntheitsbonus zu verzichten. „Es ist schon ein Vorteil, als Stimme der Cannibals erkannt zu werden. Unsere Songs werden ja immer noch gespielt, das war kein Wegwerfpop. Ich bin stolz auf die Zeit“ Das hört man: Sein Soloalbum schließt nahtlos an die früheren Werke an, von einigen Modernitäten abgesehen.
Ob er in den fünf Jahren, in denen er keine Musik gemacht hat, je befürchtet hat, den Anschluss zu verpassen? „“Ich beobachte die Charts, aber am Ende mache ich doch, was mir gefällt – und das ist nun mal die Musik von Otis Redding, Billie Holiday und Sam Cooke. Neuerdings finde ich auch Macy Gray großartig!“ Deren anzügliche Texte sind ihm dann aber doch suspekt; er singt lieber von der Liebe und dem Blues, auch wenn er seine Musik nie so bezeichnen würde: „“Ich nenne’s Pop, aber das ist natürlich ein Ausweichmanöver. Pop kann alles sein. Auf jeden Fall hat gute Musik immer Soul – da stimme ich Bono ausnahmsweise mal zu.“
Gift rechnet nicht unbedingt damit, demnächst wieder neben U2 in den Hitlisten aufzutauchen, aber gefallen würde es ihm schon. „“Wenn du kein Superstar sein willst, was ist dann der Sinn des Ganzen? Da gibt es doch all den Spaß! Wenn die Platte erst mal fertig ist, fällt der Studiospaß weg, und du brauchst anderen. Die Action ist immer bei den Superstars, und leere Konzerthallen sind einfach kein Vergnügen.“