Steinbruch
Die drei Herren von SAMBA aus Münster geben sich vielleicht nicht ganz so gitarrentrunken wie Die Sterne, nicht ganz so verspielt exzentrisch wie Tocotronic und nicht ganz so Tilman wie Herr Rossmy. Aber im weiten Feld zwischen unterhaltsamem Ernst, erstem Humor und purem Spaß haben sie mit ihrem zweiten Album, „t.b.a.“(Epic/Sony Music) doch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Manchmal klingt das alles ein wenig spröde, und generell könnte Samba ein bißchen mehr Swing vertragen, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Schön übrigens die Cover-Version von Trios „Kummer“. 3,0
Die Kurzschwanz-Sturmtaucher – THE MUTTON BIRDS – haben ihrer Heimat Neuseeland den Rücken gekehrt und residieren seit 1995 in London. Und „Envy Of Angeles“, ihr drittes Album (Virgin), hört sich auch dezidiert britisch an. Produziert von Hugh Jones (Echo & The Bunnymen, Bluetones), klingen die 13 Songs bisweilen melancholisch, oft recht romantisch und immer sehr sympathisch. Oder wie es Sänger/Gitarrist Don McGlashan ausdrückt: „Wir sind eine Gitarrenband mit griffigen Melodien. Dazu singen wir Texte, die eine starke persönliche Note sowie thematische Vorliebe für Neuseeland auszeichnet. Ihre sehr genauen Beobachtungen und bisweilen auch düsteren Inhalte drehen sich um das Außergewöhnliche im Alltäglichen.“ Dem kann man nur zustimmen. „Envy Of Angeles“ – ein beneidenswert ausgeglichenes und angenehmes Album. 4,0
Um Spice Girls handelt es sich bei den drei Grazien von BROWNSTONE nicht gerade. Nicci, Maxee und Kina könnten eher als weibliches Pendant zu Boyz II Men durchgehen. Mit „Still Climbing“, ihrem zweiten Album (Epic/Sony Music), servieren sie jedenfalls jede Menge gelackter Soul-Harmonien, wie geschaffen für das R&B-Pop-Crossover, das in den Staaten seit Whitney Houstons Durchmarsch allemal auf Gegenliebe stößt. Singen können die drei, die schon mal für einen Grammy nominiert waren, ohne Zweifel; die Produktion ist glatt und makellos – und steril. Und irgendwie kommt bei aller Perfektion trotzdem keine rechte Freude auf. 2,0
Nehmen wir mal an, Country sei die heile Schlagerwelt fürs weiße US-Publikum. Könnte doch sein, daß die samtseidige Variante von R&B, wie sie Brownstone oder P. (Puff) Johnson bieten, das Country-Pendant fürs schwarze Publikum ist. Auch die 23 Lenze junge Puff kann fein singen und läßt durchblicken, daß sie mit Gospel aufgewachsen ist Produzenten und Songschreiber wie Narada Michael Waiden, Walter Afanasieff und Diane Warren bürgen indes für massenkompatiblen Weichspüler-Sound. Und der verpufft letztlich. Dem Booklet entnehmen wir außer der üblichen Latte von Danksagungen, daß Puff einen Bodyguard hat. Whitney, ick hör dir trapsen. 1,5 Schnell’nen Schwenk zur härteren deutschen Riege: LARS BESÄ, schwäbischer Punk-Pionier aus dem Einzugsgebiet von Stuttgart und als solcher langgedientes Mitglied der Gruppe Normahl, präsentiert sich jetzt solo. Er nennt sein Album „Total normahl“ (Semaphore). Und recht hat er: Irgendwelche gravierenden Anomalien lassen sich beim besten Willen nicht konstatieren; der gute Lars singt seine Abzählreime mit Herzblut; die Musik verbindet Punk-Geschrammel kompetent mit Kinderladen-Melodien, und über allen Wipfeln herrscht schwäbische Biederkeit. Besä me, besä me mucho. 1,5
Es geht auch härter: Die KILLRAYS bewegen sich mit ihrem Album „On Common Ground“ (Bite Your Ear/Koch) nicht unbedingt auf Mainstream-Terrain. Sie beweisen immerhin, daß man mit nur einer kompromißlosen Hardcore-Formel durchaus 15 Variationen gebacken kriegt, von denen die eine schneller und härter klingt als die andere. 3,5
Das Bielefelder Trio THE ESCAPE überzeugt mit seinem Album „Amaryllis“ (Cetec Cirde/EFA): Als Neffen von Human League kreieren die drei Musiker mit viel Synthie-Einsatz und sehr hohem melodischem Gehalt wavige Klanglandschatten, die zwischen melancholischer Schwermut und intensiver poppiger Verspieltheit viele schöne Nuancen aufweisen. Wer Deine Lakaien mag, ist Kandidat für diesen Eskapismus; im für die Maxi-CD „Anthem“ ausgekoppelten Stück „Over The Mountains“ lassen die Stranglers grüßen, und auf der gleichen Maxi (nicht jedoch auf dem Album) findet sich eine interessante Version von Simon 8C Garfunkels Oldie „The Sound Of Silence“. 3,5
Sodann Herr GARLAND JEFFREYS und sein „Wildlife Dictionary“(RCA). Der Mann ist frischfensichtlich wohl in seiner Haut und weiß die Vorzüge eines ausgewogenen Liebes- und Trieblebens zu schätzen, und daran läßt er uns vermittels feiner Songs wie „Sexuality“ oder „Original Lust“ teilhaben. Unter anderem wirken Pino Palladino am Baß, Handel Tucker an Keyboards und Synthesizern und Sly Dunbar (Drums und Percussion) mit. In diesem Diktionär geht’s hoch her. 4,0
Bitte mal nachzählen: „Knocking On Your Brain“ ist das 34. Album von KEVIN COYNE, und es ist ein Doppel-Album (Rockport/RTD). Die 22 Songs entstanden als musikalische wie textliche Spontanreaktionen in der Rekordzeit von drei Tagen und Nächten im Studio des Songschreibers und Gitarristen Tom Liwa (Flowerpornoes) und dementsprechend finden sich darunter einige skizzenhafte Quikkies ebenso wie diverse Volltreffer, die Coynes traumwandlerisches Geschick in allen Lagen des Lebens und der Kunst unterstreichen. Ali Neander (einst Rodgau Monotones) hat produziert und zusammen mit Liwa und Gary Lucas (Cpt. Beefheart, Tim Buckley, Lou Reed) Gitarre gespielt Und wer Kevin Coyne noch immer nicht kennt, der sollte dieses opulent mit seinen Bildern ausgestattete Werk zum Einstieg nutzen. 4,0
Die Berliner Gruppe BE MINE OR RUN legt mit „Beautiful People“ (Slow Motion/in-akustik) schon ihr fünftes Album vor, und wer derlei eigenwillige Exkursionen im großen Spannungsfeld zwischen Folk, Jazz und Rock mag, wird hier sicher das eine oder andere schöne Schmankerl für sich entdecken können. 3,5