Stagnation auf hohem Niveau: So waren Foals live in Berlin
Bei ihrem ausverkauften Konzert im Kesselhaus in Berlin überzeugen die Foals mit einer energetischen Show, leichtfüßigen Songs und trotzdem bleibt der Beigeschmack einer gewissen Stagnation.
Mit ihrem vierten Album „What Went Down“ meldeten sich die Foals Ende August diesen Jahres zurück. Angeblich hat sich das britische Quintett beim Komponieren und Aufnehmen des neuen Materials von ihren „animalischen Instinkten“ inspirieren lassen – hörbar schließlich im strafferen und energischeren Sound einiger Songs, unter anderem im Titeltrack und „Mountain At My Gates“.
Nach einigen Festivalshows im Vereinigten Königreich stehen die Foals derzeit in Europa auf der Bühne, um das neue Material live zu präsentieren. Hierzulande wurde am Dienstagabend (8. September) die Hauptstadt mit einem exklusiven Auftritt beehrt. Das Berliner Kesselhaus war ausverkauft. Teils sicherlich der örtlichen Exklusivität geschuldet, scheinen viele Besucher auch aus den umliegenden Ländern angereist zu sein, untermauert der Ansturm auf die Eintrittskarten vor allem die Entwicklung der Band. Längst dem Nischen-Dasein einer Indie-Math-Prog-Kapelle entwachsen, geben sich Foals als dynamisch aufspielende Rockband, die die Massen erreicht, ohne sich allzu sehr beim Mainstream anzubiedern.
Kryptische Texte mit skurrilen Metaphern
Der Fokus der Setlist liegt an diesem Abend natürlich auf den letzten beiden Veröffentlichungen. Die wenigen Momente, in denen Foals es sich erlauben, ihre Anfangszeiten Revue passieren zu lassen, verlieren sich beinahe im musikalischen Gleichklang. Der sonst so leichtfüßigen Nummer „Olympic Airways“ fehlt etwa jeglicher Esprit zwischen den zu Stadion-Hymnen taugenden „My Number“ und dem eingangs erwähnten „Mountain At My Gates“ von der neuen Scheibe. Dieses wird vom Publikum übrigens gefeiert und mitgesungen, als sei es ein altbekannter Song. Erstaunlich mutet das schon an, bieten die kryptischen Texte von Sänger Yannis Phillipakis mit ihren skurrilen Metaphern von nächtlichen Regenschauern und blutigen Schlägereien für gewöhnlich nicht ausreichend Widerhaken, um sofort im Ohr zu bleiben.
Bloß die musikalische Verpackung hat sich verändert. Zwischen Funk, Pop und sanftem Echo-Gitarren-Indie pendelt etwa besagter Song, garniert mit jeder Menge Wohlklang und simplen, aber interessanten Melodien. „Give It All“ erinnert gar an etwas, was auch Coldplay hätten komponieren können und ist sicherlich das schwächste Stück des Abends. Wesentlich besser funktionieren die ebenfalls ruhigen und gefühlvollen, aber viel geschmackvoller aufgebauten Tracks „Spanish Sahara“ und „Late Night“. Vor allem Jimmy Smith, der zwischen Gitarre, Fender Rhodes und Synthesizer umher wechselt, wirbelt zwischen den Songs umher und sorgt nicht nur für ein wenig Leichtigkeit neben der übertriebenen Ernsthaftigkeit von Phillipakis, sondern auch für die harmonisch herrlich ausgefeilten Übergänge zwischen den Songs.
Stagediving ohne Ende
Phillipakis tut indes das, was er auf Konzerten zumeist tut: Stagediven, auf die Zuschauerempore klettern, von jener Empore ins Publikum springen, sich auf Händen zurück zur Bühne tragen lassen, Fotografen anpöbeln, noch mehr Stagediven, Berlin fragen, ob es „fucking ready“ sei. So eindimensional dieses Bühnenverhalten wirkt, so ergibt es mit der Musik ein stimmiges Gesamtbild. Eventuell ausgefeilte Botschaften in den Kompositionen werden im Livekontext zumeist von allzu hoher Lautstärke, Aggression und Pogo verschleiert. Nur einmal geht die Rechnung auf: „A Knife In The Ocean“ vereint einen groovenden Shuffle mit betörender Melodie und bombastischen Gitarrenakkorden, die in einem ohrenbetäubenden Finale münden.
Als vorhersagbare Zugaben dienen dann „What Went Down“, bei dem der Frontmann mit Zigarette im Mundwinkel auf die Bühne kommt, und „Two Steps, Twice“ als zu erwartender Abschluss. Der Track vom Debüt „Antidotes“ dient bereits seit Jahren als Schlussssong, der mit seinem Jam-Charakter zwar musikalisch überzeugt, nüchtern betrachtet jedoch beileibe keinem rechten Höhepunkt mehr gleichkommt. Wo sich die Foals im Studio hörbar weiterentwickeln, wirken ihre Liveshows nunmehr wie Stagnation auf hohem Niveau. Vielleicht ist die Zeit reif für eine Veränderung, zumindest für den Rahmen ihrer Konzerte. Oder eben doch mal für eine kleine Schaffenspause.