Spotify überrascht mit offiziellen Zahlen (und sieht sich als Retter der Musikindustrie)
2021 hat der Streaming-Gigant nach eigenen Angaben 7 Milliarden US-Dollar an die Musikindustrie ausgeschüttet.
Spotify möchte für mehr Transparenz im Streaming-Geschäft sorgen. Dafür hat das schwedische Unternehmen im vergangenen Jahr mit Loud & Clear eine eigene Website ins Netz gestellt. Hier sind aktuelle Zahlen zur Nutzung von Spotify einsehbar.
Inzwischen gibt es so erste (für die Öffentlichkeit einsehbare) Erkenntnisse über das Musikjahr 2021 bei Spotify. Demnach zahlten die Schweden weltweit 7 Milliarden US-Dollar an die Musikindustrie aus. Kein anderes Unternehmen, so heißt es in einem Statement von Spotify, führen der Branche so viel Geld zu.
Streaming boomt immer weiter
Kein Wunder: „Im Jahr 2021 überstiegen die Streaming-Einnahmen der Musikindustrie die Gesamteinnahmen der Branche durch Musikverkäufe (inklusive digitaler und physischer Tonträger, Synchronisation und Performance) aus jedem einzelnen Jahr zwischen 2009 und 2016.“
Über 50.000 Künstlerinnen und Künstler hätten rund um den Globus allein über Spotify 10.000 US-Dollar und mehr umgesetzt, wie es in der statistischen Auswertung heißt. Bleibt die Frage, ob dies nun ein Fortschritt ist, wenn die allermeisten Einnahmen aus dem Streaminggeschäft stammen, oder ob es für viele mittlere und kleine Musikerinnen und Musiker eher ein Rückschritt ist im Vergleich zu einer Welt ohne Streaming.
Immerhin weisen die Schweden aus, dass bezogen auf die Breite des wirtschaftlichen Wachstums der Industrie mehr Protagonisten beteiligt sind, die substanzielle Summen einspielen, anders als in der CD-Ära. In der Mitteilung des Unternehmens heißt es dazu: „Damals entfielen fast 25 Prozent der US-Albumverkäufe auf die Top-50-Künstler*innen. Auf Spotify entfielen im Jahr 2021 nur 12 Prozent der US-Streams auf die Top-50-Künstler*innen – was bedeutet, dass die Einnahmemöglichkeiten heute deutlich über die “Superstars” hinausgehen.“
Mehr Gewinn durch Streaming
Spotify weist deshalb darauf hin, dass die großen Plattenfirmen im Jahr 2021 einen Gewinn von über 4 Milliarden US-Dollar gemacht hätten – was ohne den Erfolg des Streamings, so deutet es zumindest Spotify für sich, kaum möglich gewesen wäre. Fast ein Drittel (28 Prozent) aller nach eigenen Maßstäben erfolgreichen Künstlerinnen und Künstler (also mit Verdienst über 10.000 US-Dollar) veröffentlicht selbstständig oder mit kleinere Distributoren; ein Anstieg um 171 Prozent im Vergleich zum Jahr 2017.
„Künstler*innen können durch Streaming schneller Einnahmen generieren und erfolgreiche Karriere starten“, gibt Spotify zu bedenken. „Mehr als 10 Prozent der Künstler*innen (ca. 5.300), die im Jahr 2021 mehr als 10.000 US-Dollar auf Spotify generierten, haben ihre ersten Songs in den vergangenen zwei Jahren veröffentlicht. Im Jahr 2021 erwirtschafteten 350 von ihnen 100.000 US-Dollar allein über Spotify.“
Inzwischen fokussiert sich das Interesse der Hörer auch fast zur Hälfte (43 Prozent) nicht mehr nur auf die großen zehn Musikmärkte.
Bleibt die Frage, was all dies wirklich für Musikerinnen und Musiker bedeutet. Die große Mehrheit sieht nämlich erst einmal gar nichts von diesem Geld, das Spotify ausschüttet, bis es von den Rechteinhabern, also Labels, Verleger und andere – weitergereicht wird. Das ist dann abhängig von abgeschlossenen Verträgen.
Und was haben die Musikerinnen und Musiker davon?
Spotify-CEO Daniel Ek hatte zuletzt lautstark erklärt, er wolle einer Million Musikerinnen und Musiker helfen, „von ihrer Kunst zu leben“, nur ist der Streamingdienst davon noch weit entfernt. Das liegt natürlich auch daran, dass die meisten an festgelegte Tantiemen gebunden sind, die nicht Spotify mit ihnen ausgehandelt hat. Die greifen erst nach Abzug allerhand Vorschüsse und Ausgaben und sind zu allem Überfluss in der Statistik bei Spotify nicht abhängig von etwa der Menge der Streams für einen Song, sondern konkret von dem Anteil, den die Streams eines bestimmten Acts im Vergleich zu allen anderen Acts auf Spotify hat.
Welche Rolle der Protest von Neil Young und Co. auf die Umsatzzahlen Spotifys hat, bleibt natürlich noch unklar. Der Songwriter hatte seine Alben auf dem Streaming-Portal zum eigenen wirtschaftlichen Nachteil entfernen lassen, weil Spotify in seinem Podcast von Joe Rogan Verschwörungstheorien über das Coronavirus verbreitete. Andere Bands und Musikerinnen/Musiker schlossen sich dem Protest an. Bis heute sind deren Katalog nicht auf Spotify zurückgekehrt, Rogan ist auch weiter auf Sendung.
Wie würde Spotify-Chef Daniel Ek sagen: Es gibt noch viel zu tun.