Spiele ohne Grenzen
DIE ZAHLEN SPRECHEN für sich. Jeweils mehr als 70 Millionen Mal haben sich die Spielkonsolen Playstation 3 und Xbox 360 bislang weltweit verkauft. Nach rund sieben Jahren Entwicklungszeit kommen Ende November nun die Nachfolger PS4 und Xbox One auf den Markt. Bereits auf den Branchenmessen E3 und Gamescom drehte sich alles um das Kunstwort „Next-Gen“. Eine neue Ära des Gaming soll mit dieser Hardware-Generation beginnen, von Quantensprung und „Kampf der Konsolen“ der großen Hersteller Sony (Playstation) und Microsoft (Xbox) ist die Rede. Jedes noch so kleine Detail wird aufgeregt im Spezialisten-Jargon der Fachmagazine und Blogs begleitet. Die im September veröffentlichte Fortsetzung des Autoknacker-Spiels „Grand Theft Auto V“(GTA) macht zudem die Dimensionen der Blockbuster-Spiele dieser Techno-Popkultur deutlich: Am Erscheinungstag hatte GTA 800 Millionen Dollar eingespielt.
Bereits im vergangenen Herbst hatte Konkurrent Nintendo seine Wii U rausgebracht und sich damit dem direkten Vergleich mit den Neuentwicklungen der Platzhirsche entzogen. Ohnehin bewegen sich die Japaner auch mit ihrem „Next-Gen“-Modell, dessen Controller als eine Art Tablet mit Touchdisplay und Motion-Sensoren gestaltet ist, in einem anderen Segment. Ihre Stärke liegt weiterhin bei Bewegungsspielen oder familienfreundlichen Klassikern wie „Super Mario“. Nintendo konnte damit kaum neue Hardcore-Gamer anlocken, aber schaffte es immerhin, bislang nicht-spielende Zielgruppen zu aktivieren. Im direkten Duell der Game-Giganten präsentiert sich die Xbox One als multimedialer Alleskönner für Spezialisten.
Doch im Vorfeld des großen Konsolen-Spektakels gab es in Deutschland für die Xbox One erst einmal Ärger mit dem Datenschutz. Für Entrüstung sorgte ihre serienmäßige Sensortechnik „Kinect 2.0“. Der Zusatzkasten auf der Konsole erfasst mit Mikrofonen und Kameraaugen die Gesichtszüge und Stimmen der Spieler. Was allerlei interaktive Bewegungsgames in neuen Dimensionen ermöglicht, bezeichnete der Bundesdatenschutzbeauftragte als „Überwachungsgerät“. In der Ursprungsversion musste die Xbox One immer angeschlossen sein und konnte somit stets ins Wohnzimmer lauschen. Ebenso sollte die neue Konsole für Updates und Legitimierung des Spielers alle 24 Stunde mit dem Internet verbunden werden. Nach einer Beschwerdelawine machte Microsoft einen Rückzieher. Der mittlerweile zum Spielehersteller Zynga gewechselte Xbox-Spartenchef Don Mattrick erklärte per Firmenblog, dass nun doch keine regelmäßige Verbindung nötig wäre. „Wir haben zugehört“, schrieb Mattrick angesichts der massiven Proteste. Nun funktioniere wieder alles wie beim bisherigen Modell Xbox 360. Die Nutzer müssen sich -theoretisch -nur noch einmal online registrieren. Auch heruntergeladene Spiele können demnach nun offline gespielt, aber weiterhin nicht in der Spieler-Community getauscht werden.
Derart vorgewarnt, wählte der Konkurrent Playstation kurz vor dem Verkaufsstart Schlagwörter wie „Evolution als Revolution“, „lernendes System“ oder „von Spielern für Spieler“. Man betont die organische Weiterentwicklung der Technologie. Schließlich wird die Einführung der Konsole nicht von einer komplett neuen Technologie bestimmt. Letztlich geht es um eine Verbesserung der Prozessorenleistung und erweiterten Arbeitsspeicher, was die Bildqualität hochjazzt und hyperrealistische Action- oder Sportszenen erlaubt. „Wir haben bereits weit über 1,5 Millionen Vorbestellungen weltweit und sind bis Ende Februar komplett ausverkauft“, sagt Playstation-Sprecher Guido Alt. Für ihn ein Beweis, dass der Boom der Hosentaschenspiele für mobile Endgeräte nicht wie von Branchen-Analysten prophezeit auf Kosten der komplexen Konsolentechnik geht. „Die Prognose, dass es bald keine Konsolen mehr geben wird, ist einfach Unsinn.“ Beide Systeme würden sich eher ergänzen. Bei Playstation betrachtet man die mobilen Geräte als weiteres Outlet zum Konsolen-Programm. Ganz wichtig sei die Anbindung der Community per Internet, heißt es dort:“Über den Share-Button auf dem Controller lässt sich das Smartphone per App zum Zweitbildschirm machen. Über soziale Netzwerke ist es möglich, den Konsolen-Spielern Tipps zu geben, was diese dann direkt einsetzen können.“ Es liegt nun an den Spiele-Entwicklern dieses Hardware-Potenzial auszuschöpfen.