Spiel des Lebens
ab 21. Januar im Kino
Den Dunking hatte Spike Lee bereits vor fast zehn Jahren versenkt – und ganz Amerika hielt den Atem an. „Do The Right Thing“ war wie ein Rap-Song, dessen ungemein rhythmische Dramaturgie und zugleich subtil ausbalancierte Sozial- und Charakter-Studie unweigerlich auf eine Eskalation zulief wie auf einen Refrain. Alle wichtigen Zeitungen schrieben damals über jenen sehr heißen Tag in Brooklyn, als selbst die obligatorischen Wasserfontänen aus den Hydranten nicht mehr die erhitzten Frustrationen der schwarzen Bewohner abzukühlen vermochten und ihre Aggressionen sich schließlich gegen einen Pizzeria-Inhaber richteten, dem einzigen Weißen in dem Viertel. Das Interesse bezog sich weniger auf die Virtuosität, mit der Lee die Wechselwirkung von Rassismus und Gewalt auf den Punkt brachte und mit einem Ausrufe- und Fragezeichen beendete. Der weiße Mann hatte Angst; vor einem Szenario, das er fast gänzlich in die Archive verdrängt hatte. // takes a nation ofmiüiow to holdus back…
Seitdem hat sich einiges geändert. HipHop ist heute ein globaler Code für hippe Musik und black is beautifitL Zumindest in der virtuellen Inszenierung der Medien und Werbung. Erst kürzlich fotografierte Herb Ritts das schwarze und athletische Model Alek Wek als Frau der Zukunft. Der Sport hat viele Schwarze reich und berühmt gemacht, vor allem in den USA und im Basketball.,,Do The Right Thing“ war ein Fanal für manchen schwarzen Filmemacher, auf dem hart umkämpften US-Kinomarkt überhaupt reüssieren zu können. Und trotzdem ist Lee der einzige geblieben, der regelmäßig immerhin ein Projekt durchbringt.
Dem Korsett, der Professor für afroamerikanische Belange zu sein, hat er sich längst wieder endedigt. Insofern war sein Porträt „Malcolm X“ ein optisch famoses Heldenepos, inhaltlich jedoch unentschlossen. Er erzählt lieber Großstadt-Geschichten, die auch unabhängig von der Hautfarbe funkLEINWAND
NEU IM KINO
tionieren würden. In „He Got Game , so der Originaltitel, geht es um einen Jungen, dessen Geschick im Umgang mit dem Ball ihm die Entscheidung seines Lebens abverlangt. Daß er gerade Basketball spielt, ist durch die Aktualität und das kulturell-soziale Profil kein Zufall. Vom Sujet her hätten es auch Tennis oder Fußball sein können.
Jesus (Ray Allen) ist ein Nachwuchs-Star, den die NBA mit Luxus ködert und die College-Teams mit einem Stipendium (und Studentinnen). Sollte er zur Lieblingsmannschaft des Gouverneurs wechseln, wird sein seit sechs Jahren im Knast sitzender Vater Jake (Denzel Washington) auf Bewährung freikommen. Um Jesus zuzureden, erhält er für eine Woche befristeten Freigang. Doch sein Sohn haßt ihn. Jake litt darunter, es nie in die Profiliga geschafft zu haben, schikanierte also den Bub mit Trainingseinheiten, trank zuviel und erschlug schließlich im Streit ungewollt seine – weiße und geliebte -Frau. Der Drill hat sich ausgezahlt, Jesus Wunden bleiben. Und zum zweiten Mal ist Jakes väterliches Insistieren vom Eigennutz motiviert, fokussiert auf den orangenen Basketball.
Auf jedem Fleckchen im Land ein Korb: Mit diesen Szenen am Anfang huldigt Lee dem „Spiel des Lebens“, visuell und rhythmisch montiert zu einer Botschaft, wie man sie aus Nike-Reklamespots kennt, die auch er mit Michael Jordan gedreht hat. Und mit Ray Allen hat ein echter NBA-Jungstar ein beachtliches Debüt als Schauspieler gegeben. Nur ruft kein Sportlerjenseits zirzensischer Marken- und Marketing-Pose mit erhobener Faust heute noch „Black Power“. So symbolisiert Jakes Kampf um und mit dem verlorenen Sohn natürlich auch eine Predigt über die Ethik im Sport und schwarze Sinnstiftung: Bildung statt Sex & Drugs. Doch hinkt diese Ambition zwischen spröder Authentizität, seicht-sentimentalen Sitcom-Szenen und religiösem Metaphern-Kitsch mit gefallener Maria Magdalena-Straßenhure (Milla Jovovich). Billiger, dafür lustiger war nur „Jerry Maguire“.
Spike Lee’s „Spiel des Lebens“ ist so durchschaubar wie das der Harlem Globetrotters.