Sperrige Markenware
Der hyperaktive Wahl-Stuttgarter AFROB hat neben diversen Projekten nun sein zweites Album vollendet - und dafür die Fußballerkarriere geopfert
Wenn man Afrob eines nicht vorwerfen, dann ist es Antriebslosigkeit. Wo das World Wide Weed normalerweise eine gehörige Portion Trägheit nach sich zieht, mündet es bei dem Wahl-Stuttgarter in Hyperaktivität.
Nach dem Hit,,Reimemonster“ von ’99, ein schillerndes Ungetüm von einem HipHop-Stück mit unwiderstehlichem Disco-Schub, widmete sich der 23-Jährige vornehmlich seiner Rolle als Rapper: als Verstärkung von FK Allstars oder DJ Thomilla, als Tourgast der Fantastischen Vier und Public Enemy. Deren Flavor Flav wiederum verewigte sich zusammen mit Afrob auf DJ Tomekks programmatischem „1-2-3-Rhymes Galore“. Ein Traum? „Public Enemy waren immer die Helden. Ich mache den Scheiss ja schon seit etlichen Jahren, und ihre Beats und Lyrics haben mir immer wieder Mut gemacht.“
In Sachen Image sorgt die fast manische Umtriebigkeit dafür, dass Afrob sich lässig abseits gut geölter Schubladen positionieren kann. Samy gibt das Großmaul, Jan Delay den Revoluzzer, Fünf Sterne Deluxe machen die humorigen Hanseaten – Afrob bleibt die (un)bekannte Größe, die mal hier, mal dort andockt. Just als man jedoch begann, das Wort featuring für Afrobs zweiten Vornamen zu halten, trat dieser ein wenig auf die Bremse und widmete sich seinem zweiten Album. Weil ihm aber immer noch zuviel los war, setzte er sich mit Max vom Freundeskreis für einige Wochen nach Ghana ab. „Ich hatte mir vorgenommen, an Ideen zu arbeiten, Ordnung in die Texte zu bringen. Das war der Plan. Natürlich kommt immer noch genügend dazwischen, aber der Anfang war gemacht.“
Und das Ende ist noch nicht ganz erreicht. Am Tage des Interviews geht es abends nach Berlin, um letzte Hand an „Made in Germany“ zu legen. Wenige Tage später ist Abgabetermin. Grund zur Panik? Nicht für Afrob. „So läuft’s halt. Es geht eh nur noch um einen Track. Und unfertig werden wir es garantiert nicht abgeben.“
Und was hat’s mit dem arg formelhaften Titel auf sich? Afrob sträubt sich zunächst, die allzu offensichtliche Intention noch einmal beim Namen zu nennen. „Irgendeinen Titel muss das Teil halt haben. Es ist doch nur ein Albumtitel. Mehr nicht.“ Dabei lächelt er süffisant und lässt dann doch noch nachhaken. „Natürlich ist das ein politisches Statement. Die Platte, die Texte, ich bin ,Made in Germany‘. Das ist vielleicht etwas, was manche Leute noch nicht realisiert oder auch wahrhaben wollen.“
Der Sound der deutschen Markenware kommt dabei etwas sperriger daher als das Debüt, die Styles klingen noch proklamatorischer. Und siehe da: Das alte Reimemonster wird auch noch einmal aus der Garage geholt, wiederum unterstützt von Afrobs altem Buddy Ferris MC. Nicht ganz so zwingend, aber ebenso wuchtig wie das Original, zählt das Sequel sicherlich zu den Perlen des Albums.
Stilprägender als der Monster-Relaunch ist aber etwas, das „Made in Germany“ hörbar von den üblichen Verdächtigen des Genres abgrenzt: Melodien wird viel Raum gelassen, und in Songs wie „Arrab“ stehen sie fast gleichberechtigt neben den Lyrics, spinnen düstere Melodien, entwickeln einen fernöstlichen Flow. Das wiederum war grundlegendes Konzept für Afrob, der so ganz nebenbei noch ein Geständnis parat hat, das gerade in Zeiten Asamoahs das Schlagwort vom „Made in Germany“ noch einmal in ein anderes Licht rückt: „Mann, bei all dem positiven Stress ist leider der Fußball auf der Strecke geblieben. Da wollte ich dranbleiben. Ich hatte echt die Skills, so als Mittelfeld-Blocker.“