Spaßgesellschafter

Die Pop-Lausbuben von Ween haben nach Jahren der Zurückhaltung endlich wieder ein richtig albernes Party-Album gemacht

„Ween is back“, freute sich die „New York Times“ in einem frühen Review zu „La Cucaracha“, dem neuen Album von Aaron Freeman und Mickey Melchiondo. Waren sie denn weg? Jedenfalls nicht direkt. Aber ungefähr seit „Chocolate And Cheese“ von 1994 konnte man beobachten, wie die Max und Moritz der Indie-Szene sich allzu laute Pointen verkniffen und sich aus der offensichtlichen Parodie zurückzogen. Es sind Alben dabei herausgekommen, zu denen man vielleicht nicht so lauthals lachen, dafür aber ein reiches Universum aus Zeichen und – nicht zuletzt wachsendem musikalischem Ausdrucksvermögen bewundern konnte. „Ld Cucaracha“ ist nun nach Aussagen von Freeman und Melchiondo „das Partyalbum“ von Ween, nicht zu anstrengend und auch nicht zu tiefschürfend, auf keinen Fall bedeutungsschwanger. Und was tun Ween, wenn sie feiern? Sie machen Stile nach und schmeissen ihre ganz eigene Karaoke-Party. TexMex und Britpop, Reggae, Soft Pop, Hard- und Latin Rock, auch Country ist wieder dabei. Ganze 50 Lieder wollen die beiden mit ihrer Live-Band in einer schimmeligen Scheune in New Hope/Pennsylvania aufgenommen haben, musikverliebt auf Tonband und mit jeder Menge altem Equipment. „Es hat einfach soviel Spaß gemacht“, sagt Freeman fast entschuldigend, „wir lieben es immer noch, uns selbst auf Band anzuhören. Wir denken immer: Wow, wir können das einfach so machen? Merkt denn keiner, dass wir das gar nicht dürfen? Es ist dasselbe Gefühl wie am Anfang. Wen du die Platte scheiße findest, solltest du erst mal hören, was wir sonst noch aufgenommen haben.“

Nein, nein, wir finden die Platte toll. Ween äffen nach, was das Zeug hält, aber nie despektierlich, sondern mit offensichtlichem Respekt vor den Stilgriffen und viel grundsätzlicher Liebe zur Musik. Ein schmaler Grat zwischen lustig, listig und liebevoll ist das, und es ergibt keinen Sinn, eine Klärung erzwingen zu wollen. „Wir erkennen natürlich, woher ein Riff kommt und womit man es assoziiert, aber eher aus dem Augenwinkel“, sagt Freeman, „wir folgen einfach dem Flow – es ist ja nicht so, als wollten wir mit jedem Lied das Rad neu erfinden.“

Viele werden in „La Cucaracha“ eine Rückkehr zu den frühen Alben erkennen. Seht ihr das auch so?

Wir sehen im Moment noch gar nichts. Ich finde erst gemeinsam mit allen anderen heraus, was es mit unseren Platten wirklich auf sich hat. „White Pepper“ ist unsere Beatles-Platte? Oh, tatsächlich. „The Mollusk“ ist Weens ProgRock-Album? Jetzt, wo du’s sagst.

Hattet ihr euch mit „La Cucaracha“ etwas Konkretes vorgenommen?

Nein, die Dinge passieren erst im Studio, und dann meist unbewusst. Das Einzige, was die Songs vereint, sind die Lyrics – die Erfahrungen, die wir machen, wo wir wohnen, mit wem wir ausgehen, das ist bei jedem Ween-Album die inhaltliche Linie. Ganz normal also! Wir können diese Sachen nur nicht so direkt sagen, das würde uns die Sache vermiesen. Klar ging es bei „White Pepper“ um meine Scheidung, aber das so direkt beim Namen nennen? Nicht mein Ding.

Ist diese Distanz zu den Dingen eine grundsätzliche Haltung?

Wir sind beide in der Vorstadt aufgewachsen, und wir wohnen da immer noch. Wo wir leben, wird man schnell misstrauisch, wenn die Leute sich selbst zu wichtig nehmen und dauernd über ihre Gefühle reden. Mich hat diese Künstlerszene in Brooklyn und das ganze Rumgesitze in Coffee-Shops nie angemacht – ich mag solche Leute nicht. Wir leben hier ein völlig bodenständiges Mittelschicht-Leben. Das haben wir mit Bruce Springsteen gemeinsam. Immerhin das. Wenn Gene und Dean Ween jetzt auf ihre längste Tournee seit mindestens einer Dekade gehen, dann wird es in den angekündigten Drei-Stunden-Sets viel Neues zu hören geben. Den Eighties-Euro-Dance-Trash von „Friends“ vielleicht, den Comicartig überdrehten Kraftprotz-Hard-Rock „My Own Bare Hands“, den fantastischen Electro-Country „Learning To Love“. oder die wabernde Neo-Psychedelik von „Spirit Walker“ – Lieder jedenfalls, die wie Kuckuckseier im jeweiligen Genre-Nest funktionieren und so tatsächlich an frühere Tage dieser Karriere erinnern, als Ween kurz MTV-kompatibel waren.

Und dann ist ja noch David Sanborn, der bei dem absurd wortwörtlichen Cocktail-Poplied „Your Party“ („We had the best time at your party / The wife and I thank you very much“) bläst wie in den Achtzigern. Ob er sich veralbert vorkam? „Nein, wir lieben ihn. Wir haben ja immer gesagt, auf unseren Platten würden nie Bläser zu hören sein – es sei denn, wir kriegen David Sanborn.“

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