Sonnenbad in LA.
Die britischen Schwermütler Starsailor nahmen ihr drittes Album in den USA auf - und blickten weniger nach innen
Bei ihrem Debüt „Love Is Here“ sorgte die nicht nur namentliche Nähe zu Tim und Jeff Buckley für Gesprächsstoff, beim unter Zeitdruck entstandenen Nachfolger „Silence Is Easy“ die Zusammenarbeit mit Produzenten-Legende Phil Spector. Höchste Zeit also, daß Starsailor mit ihrem ausladenden Pop eigene Schlagzeilen fabrizieren – mit „On The Outside“ sind sie auf einem guten Weg.
Zum einen, weil das neue Album direkter, organischer und substantieller klingt als die beiden zuvor, zum anderen, weil sich James Walsh und Co. auch textlich freigeschwommen haben und sich nun gar auf politisches Terrain vorwagen. Stellte sich dabei nicht die Frage, ob sie dafür überhaupt qualifiziert sind, schließlich gibt es schon genug fehlgeleitete Prediger im Musikbusiness? „Natürlich birgt das Risiken“, antwortet Sänger Walsh mit leiser Stimme. „Das einzige, was du machen kannst, ist, dich zu informieren. Wir haben viel Zeitung gelesen oder Radio gehört und uns kleine Geschichten herausgepickt – so wie Bob Dylan das gemacht hat. Er hat ja bestritten, ein Protestsänger zu sein, weil er in gewisser Weise nur die Nachrichten dokumentiert habe. Das macht dich weniger anfällig für Kritik, als wenn es in den Songs heißt: ,Krieg ist schlecht‘ oder ,Bush muß weg‘.“ Zumindest ein Stück auf „On The Outside“ weist tatsächlich Parallelen zu Dylan-Songs wie „Hurricane“ oder „The Lonesome Death Of Hattie Carroll“ auf – falls der Vergleich nicht unter Blasphemie-Verdacht steht. „Jeremiah“ thematisiert den ungeklärten Tod des britischen Studenten Jeremiah Duggan am Rande einer Veranstaltung der LaRouche-Polit-Sekte in Wiesbaden – ohne erhobenen Zeigefinger. „Man sollte Songs schreiben und es dann den Leuten überlassen zu beurteilen, wer schuldig oder unschuldig ist“, glaubt Walsh. Daß sich Starsailor ausgerechnet in Zeiten der wachsenden sozialen Unsicherheit weniger als auf den Vorgängeralben mit persönlichen Sorgen und Ängsten beschäftigen und über den eigenen Tellerrand schauen, nennt Walsh „den Luxus des Künstlerdaseins“. Schon mit ihrer ersten Platte wurden Starsailor nicht nur in England beachtet – auch waren die Verkäufe offenbar ganz ordentlich.
Das sorgenfreie Leben, das die Briten führen können, erlaubte ihnen auch, für die Album-Sessions in Los Angeles ihre Familien und Partner einfliegen zu lassen. „Es war großartig, diese Art der Stabilität zu haben“, sagt Walsh. Die Wochenenden waren dem Sonnenbaden am Strand oder Ausflügen nach San Francisco oder Joshua Tree vorbehalten, aufgenommen wurde montags bis freitags. Hört sich fast nach den Arbeitszeiten eines ganz normalen Jobs an, oder? „Was es davon unterschied, war die idyllische Umgebung des Tonstudios, das einen großen Garten mit Palmen hatte“, schwärmt Walsh von dem Ambiente. „Es war geradezu surreal. Vor allem, weil Britney Spears und Stevie Wonder ein paar Türen weiter aufnahmen.“
Zu Kopf gestiegen ist ihnen der Glamour nebenan allerdings nicht, denn „die Paparazzi, die in den Bäumen hingen, waren sicher nicht unseretwegen da“.