Solo für Onkel
Als New Yorker DJ ist Roger Sanchez längst Legende. Nun will er seine eigenen Platten drehen.
Mit der eigenen Musik hat der Mann es nicht eilig: Erst 20 Jahre nach den ersten Engagements als DJ in seiner Heimatstadt New York präsentiert Roger Sanchez mit „First Contact“ sein Longplay Debüt „Für ein Album muss man eben eine Geschichte haben“, sagt Sanchez, „meine kann ich jetzt erzählen.“
An Stoff mangelt es nicht: Schon in den frühen 80er Jahren entdeckte Sanchez die New Yorker BreakdanceGrandmaster Mix: Der DJ-Ziehvater Roger Sanchez mischt sich nun selbst Szenerie, ließ sich ergreifen von der ersten Glut des HipHop und der jungen House-Gemeinde und vermengte all die neuen Klänge zu einem recht verwegenen DJ-Mix, der ihn bald zum beliebtesten Plattenaufleger der Stadt machte. „Ich fand es immer total aufregend, die Leute auf der Tanzfläche in eine bestimmte Atmosphäre zu führen. Was immer da passieren mochte:
Ich war dafür verantwortlich und konnte es steuern.“ Hernach steuerte Sanchez vor allem seine Karriere: Vom musikverliebten New Yorker Kellerjungen entwickelte er sich zum DJ-Superstar, erstellte hoch dotierte Remixes, jettete mit dem Plattenkoffer unterm Arm nach Ibiza und London und galt unter den Clubbisten bald als Magier an den Turntables.
Nun ist Sanchez keiner wie Fatboy Slim, der erst einmal 500 alte Platten nach sampelfähigem Material durchsucht, bevor die digitale Alchemie beginnt. Und auch keiner wie die Herren von Underworld, deren Super-Beats regelmäßig zum popkulturellen Postulat auswachsen. Aber bloß Platten drehen will Sanchez nun auch wieder nicht. „Die Kunst beginnt da, wo du deinen eigenen kreativen Ausdruck in die Musik legst, mit ihr spielst und ihr deinen eigenen Vibe bringst.“
Eben diesen eigenen Vibe erlebt man auf „First Contact“ auf ganz verschiedene Weise. Sanchez verquickt unverhohlen retrospektive 80er-Sounds mit Modern Soul und den von Daft Punk reanimierten Cartoon-Beats und empfiehlt sich mit dem rührseligen Toto-Sample „Another Chance“ gar für die lichten Höhen der europäischen Dance-Charts. „Dance und House ist hier ein richtiges Pop-Ding“, freut sich Sanchez, der daheim in den USA leider noch immer in einem Genre für Insider musiziert. „Ich mag es, wenn meine Musik einen Einfluss hat – das ist spannender als das ewige Festsitzen im Untergrund.“ Jörn Schlüter rock&roll