Solitär von Gospels Gnaden

GRÜNSPAN, HAMBURG.

In einem Traum von Kleid steht sie auf der Bühne im Halbkreis ihrer fünfköpfigen Band. Lizz Wright will geerdet und mittendrin sein, doch nicht wirklich im Mittelpunkt stehen. Weshalb das „strange girl“ (Wright über Wright) darum bittet, ihr bekannte Gesichter mögen doch möglichst die ersten Reihen des Auditoriums meiden. Natürlich ist Ike Turners „I Idolize You“ ein früher Höhepunkt. Eine elektrisierende Zwiesprache mit dem Organisten eröffnet später „Leave Me Standing Alone“, vielleicht nicht zufällig das feurigste Stück des Abends. Denn diese Frau mit der wundervoll kontrollierten Alt-Stimme bleibt, bei allem Bemühen zu teilen, immer auch ein Solitär— in sich versunken, von gläserner Verletzlichkeit. Dann droht der Faden zu reißen. Die stolze Königin, die sich eben noch funkensprühend über Neil Youngs „Old Man“ hergemacht hatte, mutiert zum scheuen Reh. Ein Rückzug freilich, dem sie dank Songs wie „Speak Your Heart“ und „When I Fall“ immer wieder grandiose Momente schmerzlich-schöner Klarheit abgewinnt. Zur letzten Zugabe kommt sie schließlich alleine zurück auf die „Grünspan“-Bühne. Das Kleid verhüllt jetzt ein dunkler Überwurf. A capella beschwört Lizz Wright jene große Gospel-Gnade, die sie immer wieder heimwärts führen wird. In Hamburg ist sie an diesem Abend nicht ganz angekommen.

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