So waren Band Of Horses im Admiralspalast: Rustikal-Romantik
Band Of Horses spielten gestern Abend im Berliner Admiralspalast. Auf ihrem Spaziergang durch die größten Songs der Band, kam man auch mal außer Atem, während man die gigantische Bildkulisse bestaunte.
Direkt vor einem bauen sich majestätisch die Wipfel eines Waldes voller Fichten auf. Fast alles herum ist dunkel, nur gedimmtes, warmes Flutlicht erhellt die Bühne, die unter Kunstnebelschwaden zu verschwinden scheint. Im Zentrum steht fast geisterhaft ein verlassenes Schlagzeug. Die Silhouetten zweier Musiker erheben sich in dunklem Schwarz an der Leinwand. Vollkommen verflochten in die Szene stehen die Besitzer dieser Schatten, Ben Bridwell und Tyler Ramsey, da, als wären sie nie an einem anderen Ort gewesen. Im Publikum herrscht absolute Stille, fast beiläufig dringen sanfte Klänge von Gitarren aus dem Wald. Begleitet wird das von den melancholischen Zeilen „Anything to make you smile / You are the ever-living ghost of what once was“.
Es ist einer dieser Momente, den es nur bei einem Konzert von Band Of Horses geben kann. Gestern durfte man das im Berliner Admiralspalast erleben, dessen edle Ränge der Klasse dieser Band so symbiotisch entgegenkommen, dass man vergisst, dass hier alles ein wenig zu sehr in kitschigen Surrealismus abgleitet.
„No One’s Gonna Love You“ erweist sich dabei als Beginn eines gemütlichen Spaziergangs durch die größten Songs der US-Amerikaner, der zwischendrin gerne zu einem Gewaltmarsch ausartet, nur um dann das Tempo wieder herunterzufahren, damit die Landschaft genossen werden kann.
Das Bühnenbild wechselt von einem Set zum nächsten, erinnert gerne einmal an die berühmten Shirtmotive von Christopher Kane und nimmt den Zuschauer bei der Hand, um sich in der Vielseitigkeit der Titel nicht zu verlaufen. Es ist ein Tribut an den Facettenreichtum der Band, die mit ihrem aktuellen Album „Mirage Rock“ die Palette ihrer Fertigkeiten auf Country-Rock ausdehnen, dem Indie-Korpus dennoch nie ihre Aufmerksamkeit entziehen und wieder in schillerndem Dream-Pop schwelgen.
Oftmals an dem Abend findet man sich in der Prärie angekommen. Wenn Band Of Horses beschrieben werden müssen, dann – es bietet sich an- mit dem Tier in ihrem Namen: Sie wären wilde Präriepferde, die man in der Wüste erspäht. Das wird einem klar, wenn man der Zugabe um den Titel „Knock Knock“ lauscht.
Rustikal-romantisch ist das, aber auch ein wenig schwerfällig. Bisweilen fühlt man sich allein und erschlagen von der fast monotonen Langsamkeit, die angeboten wird. Vergleichbar ist das mit der endlosen Autoreise entlang der Route 66. Dieser Song scheint auf dieser Straße geschrieben worden zu sein.
Andere im Saal scheinen das euphorisch zu verzeihen. Und das mit jeglicher Rechtfertigung. Diese Momente, die ein wenig erdrückend wirken können, resultieren aus einer der besten Eigenschaften der Band: Sie lassen sich Zeit, spielen jede Note, jeden Akkord, jede imitierte Tierstimme, jeden Rums einer Bass-Drum aus, bis er an der Wand zerschellt. Nach all den Jahren des Zusammenspiels sitzt jeder Griff perfekt; Schwere Fehler machen talentierte Musiker wie diese nicht. So ist es nur folgerichtig, dass man staunend minutenlang dem besinnlichsten Gitarrensolo des Lead-Gitarristen lauschen kann, bevor übrige Mitglieder die Bühne wieder betreten.
Da fehlt auch nicht die Danksagung an die Crew oder das Wünschen des „Erlebens eines großartigen Songs“ vor dem Klassiker um „Is There A Ghost“. Ein Sternenhimmel überstrahlt die Kulisse.
Das Finale – vor der Zugabe – liefert dann das Meisterwerk „The Funeral“, eine Seifenblase schwebt wie in einem dieser Teenie-Filme über den Köpfen der Menschen, auf den Rängen umarmt sich – was sonst – ein Pärchen wiegend im Takt. Die letzte Note wird davongetragen von zerberstendem Applaus, der minutenlang nicht abschwellen möchte. Sogar die Jubelschreie und Pfiffe des Publikums scheinen trotz der hohen Dezibelzahl bedacht und stimmig.
Die Zuhörer bejubeln eine Reise. Eine Nacht war man zu Gast in dem Americana-Universum von Band Of Horses.