Smells Like Teen Spirit – Nirvana
Der Deutschlandfunk fand die passenden Worte: Es sind „Geschichten von der Katerstimmung im Amerika nach der auf Pump veranstalteten letzten großen Sause unter Reagan und Bush“. Wenn das nicht verdammt aktuell klingt. Gemeint war aber Bush Senior, und die besagten Geschichten standen 1991 in Douglas Couplands Buch „Generation X“. Ein Buch, dessen Titel damals von allen zitiert wurde. Zwar hatten es die wenigsten gelesen, doch die Sache war auch so klar: Amerikas Jugend der frühen neunziger Jahre war desillusioniert, sie verdiente ihre Burger mit mies bezahlten McJobs, war aber dennoch unpolitisch und verspürte generell Lust auf gar nichts. Was Amerikas Jugend bewegt oder lähmt, lähmt oder bewegt kurz darauf auch die Jugend der restlichen westlichen Welt. Das ist nun einmal so. Und fertig ist die neue Jugendbewegung, von den Medien neugierig begleitet und auf der dringenden Suche nach einem Sprachrohr. Da kam Kurt Cobain gerade recht. Und wurde zum Inbegriff des schluffigen Slackers, zum schlechten Gewissen einer Nation, die ihre Kinder zu lange vor der Glotze geparkt hatte, statt ihnen was beizubringen. Zum Rollenmodell all jener, die entweder keine Yuppies werden konnten oder wollten. Nur: Kurt Cobain war weder der popkulturelle Hipster, der sich mal eben ein neues Genre namens Grunge aus dem Ärmel schüttelte, noch der smarte Rädelsführer einer Flanellhemd tragenden Jugendbewegung. Er war nur ein Gitarrist, Sänger und Songwriter, der sensibel die ihn umgebende Gefühlslage eingefangen hatte. Der mit „Smells Like Teen Spirit“ unfreiwillig die Hymne der Bewegung lieferte – und Seattle zu deren Hauptstadt machte. Die Zeile „here we are now,, entertain us“ fand Eingang ins Pop-Phrasenbuch.
Da man außerhalb von Seattle gerne zu Techno tanzte und vorlaute DJs bereits das Ende der Gitarren-Ära in der Popkultur deklamiert hatten, wurde Kurt Cobain nun auch noch zum Retter der Rockmusik erklärt. Für ihn persönlich war der Song und die anschließende Massenpopularität bekanntlich ein Fluch, für die Rockmusik der neunziger Jahre ein Segen. Grunge avancierte zum Bindeglied zwischen dem Punk und Hardcore der siebziger und achtziger Jahre sowie dem Indie-Rock der Gegenwart. Historisch verdienstvoll, doch der Preis, den Cobain dafür zahlen musste, war pervers.