Sinfonie, Satz und Sieg
Fusionist Pat Metheny hat ein mehrteiliges, ambitioniertes Polit-Werk komponiert, das seine US-Fans beim Konzert in die Pinkelpause treiben könnte
Nach all den ECM-, Genen- und Warner-Jahren ist er nun also beim Nonesuch-Label gelandet, beim Kronos Quartet, Wilco, Youssou N’Dour – und einem gewissen Robert Hurwitz als Boss. „Das Beste, was mir passieren konnte“, jubelt Fiat Metheny und erinnert daran, dass „Bob“ damals beim deutschen ECM-Label maßgeblich für den Metheny-Erfolg in den USA verantwortlich war.
Weil der Fusion-Gitarrist ab 1985 nur noch auf eigene Kappe produzierte und zeitlich begrenzte Lizenzen vergab, werden Pat und Bob demnächst jede Menge remastern – beginnend mit „Song X“, einem Seitensprung in Richtung Avantgarde mit Ornette Coleman. Vor allem aber kann Robert Hurwitz stolz das jüngste Opus der Pat Metheny Group präsentieren: „The Way Up“, ein motiv- und klangfarbenpralles Werk voller – zum Glück nicht deja-vu-platter-Bezüge auf bisher Veröffentlichtes. Mehr als „nur“ eine Sinfonie in vier Sätzen: „Wir haben die Gesamtkomposition zwar in Abschnitte aufgeteilt, aber das ist nur ein Zugeständnis an Leute, die sich zum Beispiel gezielt das Ende anhören wollen.“ Dass sich manche US-Fans aus dem Hallenstaub machen, sobald sich nach mehr als zwei Stunden das Ende eines PMG-Konzerts fern am Horizont abzeichnet, wird Pat & Co. nicht davon abhalten, ihre Großkomposition komplett auf die Bühne zu stellen.
Hauptproblem dabei: Metheny hat im Studio reichlich vom Mehrspurverfahren Gebrauch gemacht, um Gitarren aller Art als orchestrales Element einzubringen, statt wie gewohnt jene Hauptrolle zu spielen, die bei anderen Bands dem Sänger vorbehalten ist. Deshalb muss bei der Live-Umsetzung jeder, der auch nur irgendetwas auf Saiten zustande bringt, gelegentlich ein paar Beiträge zum Gesamtgeflecht abliefern. Schlechte Tour-Chancen für Mono-Instrumentalisten.
Besser sehen diesmal die Chancen für Musik-Moralisten aus, denn Metheny versteht „The Way Up“ als Protest gegen Bush und den amerikanischen Nuancenverlust: „Und das, obwohl wir beim Schreiben weder den Ausgang der Präsidentschaftswahlen noch die gegenwärtige Stimmung und Politik in den USA vorausgeahnt haben.“ Schlecht fürs düpierte Amerika-Ideal der Musiker, gut für die Selbstentfaltung der neuen Bandmitglieder, Trompeter Cuong Vu und Mundharmonikaspieler Gregoire Maret. Vor allem der hymnische Ansatz des Letzteren mag Fans besänftigen, die sich überfordert fühlen durch Methenys große Ambitionen auf dem „Weg nach oben.“