Nachruf

Sinéad O’Connor: Die Unvergleichliche

Zum Tod der wunderbaren Sinéad O'Connor

Als sie 23 war, im Jahr 1990, nahm Sinéad O’Connor „Nothing Compares 2 U“ auf. Den Song hatte Prince geschrieben, er war von der Band The Time veröffentlicht worden. In dem Video zu dem Lied weinte die extrem kurzhaarige Sinéad O’Connor eine Träne. Diese Träne ging um die Welt. „Nothing Compares 2 U“ führte überall die Charts an. Sinéads Gesicht war auf Titelblättern von Zeitschriften. Das alles war sensationell und wunderschön.

Wie sie diesen Song von Prince entdeckte, haben wir nie erfahren. Später erzählte sie, dass Prince sie eingeladen habe und sie dann schlagen wollte, weil sie nicht um seine Erlaubnis gebeten hatte, das Lied aufzunehmen. Im Jahr 1992 wollte sie bei einem Konzert in New Jersey nicht auftreten, weil die amerikanische Nationalhymne gespielt werden sollte. New Jersey war die Heimat Frank Sinatras, der daraufhin sagte: „I kick her ass!“. Sinéad entgegnete, sie könne ja keinen alten Mann schlagen.

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Die notorischste Geschichte über Sinéad O’Connor ist die von ihrem Auftritt beim „30th Anniversary Concert“ für Bob Dylan in New York. Sie bewunderte Dylan so sehr wie sonst nur Bob Marley. Einige Tage zuvor war sie bei „Saturday Night Live“ aufgetreten, wo sie ein Foto von Papst Johannes Paul II. zerriss, das Foto, das ihre Mutter aufbewahrt hatte. Von ihrer Mutter wurde Sinéad, eines von fünf Kindern, in ihrer Kindheit misshandelt. Bei dem Jubiläumskonzert für Dylan im Madison Square Garden wurde sie ausgebuht. Sinéad sang dann kein Lied von Bob Dylan, sondern „War“. Sie weinte. Kris Kristofferson führte sie von der Bühne.

Wenn man an sie denkt, sollte man nicht vergessen, dass sie drei Meisterwerke gemacht hat, ihre ersten drei Alben. „The Lion And The Cobra“ von 1987 ist eines der besten Debütalben aller Zeiten. „I Do Not Want What I Haven’t Got“, die Platte mit „Nothing Compares 2 U“, ist noch besser. Und „Am I Not Your Girl“ von 1992 ist herzzerreißend.

Es zerriss Sinéad das Herz. Sie wurde am 8. Dezember 1966 in Dublin geboren, der Vater verließ ihre Mutter, als sie acht Jahre alt war. Sinéad lebte eine Weile bei der Mutter, dann beim Vater und seiner Lebensgefährtin. Dann kam sie auf ein katholisches Magdalenen-Internat, wo sie von Geistlichen missbraucht wurde, wie sie später sagte. Mit 16 flüchtete sie, arbeitete als Kellnerin, studierte Operngesang. Ihre erste Band, Ton Ton Macoute, war nach dem brutalen Geheimdienst von Haiti benannt.

Sinéad heiratete und ließ sich scheiden, sie bekam vier Kinder, sie war Katholikin und konvertierte zum Islam, sie war heterosexuell, lesbisch und bisexuell, sie änderte ihren Namen, sie trat zurück und kam wieder, sie berichtete von Selbstmordversuchen und wollte religiöse Lehrerin werden.

Im Januar 2022 brachte sich ihr drittgeborener Sohn im Alter von 17 Jahren um.

„Es gibt nichts mehr, worüber ich singen könnte“, schrieb Sinéad O’Connor.

Gestern starb die Frau, die sich zuletzt „Wahrheit“ nannte, im Alter von 56 Jahren.

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