Wie die „Simpsons“ wurden, was sie heute nicht mehr sind

Eine Ausstellung in Dortmund zeigt, welchen Einfluss die Zeichentrickserie einst auf die Populärkultur hatte.

Sind die „Simpsons“ ein Fall fürs Museum? Die von Matt Groening erfundene Animationsreihe geht im Herbst in ihre 36. Staffel. Sie läuft ununterbrochen seit 1989 im Fernsehen. Ein Ende ist nicht in Sicht, auch wenn die Zukunft der Gelben womöglich eher im Streaming liegt.

Manche Kritiker sind davon überzeugt, dass es in den letzten Jahren mit der Serie wieder kreativ aufwärts geht. Originelle Episoden wie „Bartless“ (aus Staffel 34), wo etwa gezeigt wird, wie sich die Familie Simpson entwickelt hätte, wenn Bart nie geboren worden wäre, zeigen einen neuen Mut zum Storytelling und zur schrittweisen Neudefinition auch der Figuren-Psychologie. Wenn man die Langlebigkeit der „Simpsons“ betrachtet, dann scheint es schon so, als wäre der TV-Dinosaurier gleich zwei Dekaden in der Midlife Crisis gewesen.

Eigentlich ist es neben der goldenen Phase, die je nach großzügiger Berechnung die ersten neun Staffeln und vielleicht die Folge „Hinter den Lachern“ als hübsche Schlusspointe gelten lässt, eine Leistung an sich, so lange weiter gemacht zu haben. Die Autoren und Regisseure weisen zwar oft daraufhin, dass es unfair ist, wie die Ideen der frühen Sachen den oftmals visuell sehr viel einfallsreicheren Bilderbögen der späteren Folgen vorgezogen werden. Aber es ist nun einmal so, dass sich diese einzigartige Serie von einer hochkomplexen Satire zu einem Cartoon zurückentwickelt hat.

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Es war, wie man heute sicher sagen kann, eine Art Überlebensversicherung. Was Disney nun mit Homer und Co. anstellen wird, weiß eigentlich niemand. Vielleicht wissen sie es in Burbank selber nicht. Aber womöglich finden sie tatsächlich einen Weg, die „Simpsons“ ohne Nostalgie-Fettrand zu alter Größe zu führen. Das käme einer kulturellen Herkulesleistung gleich. Ist die Serie mitsamt ihren Ausläufern (Comics, Videospiele, wissenschaftliche Abhandlungen und sehr viel Merchandising) doch so einflussreich wie keine andere Zeichentrickreihe.

„Die Simpsons“ – Gelber wird’s nicht in Dortmund

Eine Ausstellung in der kleinen Galerie „schauraum“ in Dortmund zeigt aus Anlass des 35. Jubiläums der Serie, und weil ihr Schöpfer im Februar 70 Jahre alt wurde, noch bis zum 27. Oktober, wie die „Simpsons“ geworden sind, was sie heute nicht mehr sind.

Erzählt werden die Geschichten hinter den Kulissen. Wie die Produzenten kämpfen mussten, um überhaupt eine Staffel zusammenzubekommen. Wie sich die Autoren maximale Freiheit erarbeiteten, um ihre Geschichten so zu schreiben, wie sie es wollten. Wie die Sendung in rasender Geschwindigkeit vom Geheimtipp zum Mega-Erfolg wurde und dabei Probleme auslöste, die fast alle Beteiligten in den Wahnsinn trieben. Wie ihre Sprecher Wahnsinnssummen kassierten (Julie Kavner, die amerikanische Stimme von Marge Simpson, verdiente mit den „Simpsons“ bis heute 60 Millionen Dollar) und mit Streik-Drohungen mehr als einmal das Ende der Serie vorbereiteten.

Zu sehen sind in der Ausstellung zum ersten Mal auf deutschem Boden Folien aus der Zeichentrickproduktion, Drehbücher, Storyboards, Entwurfsskizzen, Artworks der nicht zu unterschätzenden Comic-Hefte sowie zahlreiche Werke anderer Künstler, die sich vor den Gelben verneigten. Darüber hinaus gibt es Exponate, die zeigen, wie die „Simpsons“ Einfluss auf die Popkultur nahmen (obwohl sie ja selbst wie eine Schleudermaschine für gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen fungierten) sowie seltenes Merchandising. Mehrfach waren sie auf dem Cover des ROLLING STONE, auch einmal mit einem exklusiv für die deutsche Ausgabe gestaltetem Cover.

Die-Hard-Fans können auf dem Familiensofa Platz nehmen und an Workshops teilnehmen. Die Schau wurde mitkonzipiert von Comicexperte Dr. Alexander Braun, der zugleich noch einen Katalog zur Ausstellung vorlegt, der gleichsam unterhaltend und fundiert ist.

Wer die Bedeutung der „Simpsons“ nachvollziehen möchte, greift nun also nicht mehr nur zum brillanten, aber nicht ganz einfach zu lesenden Reader „Subversion zur Prime-Time: Die Simpsons und die Mythen der Gesellschaft“, sondern auch zu diesem bunten Nachschlagewerk.

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