SILVERCHAIR
Gefüllt war sie bis zum Rand, die in „alternativer“ Rockmusik geschulte Markthalle. Doch die erwartete Teen-Fraktion, die man bei einem Silverchair-Konzert eigentlich vermutet, war erstaunlicherweise nur mit einer kleinen Delegation vertreten – die sich dafür aber um so heftiger im Moshpit betätigte. Der Rest der Anwesenden bestand aus gesetzteren Musik-Afficionados, die ihre Gruppenzugehörigkeit entweder durch Lederkutte und Rockermähne oder betont schlampig geschnittene Kurzhaarfrisuren der Marke Scott Weiland (nur echt in Wasserstoffblond!) manifestierten.
Unwegsames Terrain also für Daniel Johns & Co., die im Zugzwang waren, ihren Newcomer-Bonus in Bestandvolleres umzuwandeln. Getreu dem Motto ihres zweiten Albums „Freak Show“ wurde eine altertümliche Jahrmarktsmelodie eingespielt, die für johlende Erheiterung unter den Anwesenden sorgte. An diesem Punkt wäre das Konzert noch zu retten gewesen, hätten die drei Grunge-Frischlinge erkannt, daß bierernstes Mattenschwingen heute einfach nicht gefragt war.
Doch von der dringend benötigten Selbstironie fehlte schon beim ersten Song „Slave“ jede Spur. Johns, noch vor Jahresfrist ein unbeholfener Bühnennovize, der mit schüchternem Stimmchen die „Frogstomp“ Songs ansagte, mutiert im Laufe des Abends immer mehr zum grotesken Abziehbild seiner Heroen aus Seattle. Mit düsterer Mimik und angestrengtem Gesang macht er den Eindruck, als habe er sich noch nicht entscheiden können, ob er nun lieber Cobain oder Vedder heißen möchte. Spürbar auch die verkrampfte Anspannung der Band, die Fußstapfen, in die sie sich gestellt hat, auszufüllen. Doch warum sollte auf der Bühne gelingen, was bereits im Studio scheiterte?