Sie waren die Vorkämpfer rar deutsche Rockmusik – und doch nennen BAP ihr neues Album respektvoll „Amerika“
Den zusätzlichen PR-Schub für ihr neues Album verdanken BAP mehreren kleinen Presse-Notizen: „Wolfgang Niedecken und andere unterstützen die Forderung von Heinz Rudolf Kunze nach einer Radio-Quote für deutsche Rockmusik.“ Ausgerechnet Niedecken, der Bob Dylan verehrt, mit Bruce Springsteen jammte und das neue BAP-Album aus Ehrfurcht vor den amerikanischen Rock’n’Roll-Einflüssen unzweideutig „Amerika“ getauft hat, will das Monopol angloamerikanischer Invasoren brechen, um so dem heimischen Nachwuchs zu helfen? Fragen über Fragen.
Mit Kunze für eine Deutsch-Rock-Quote, mit dem Major m Gedanken bei „Amerika“ – paßt das zusammen?
Heinz Rudolf hatte den undankbaren Job übernommen, dieses Thema publik zu machen. Es ist in Ordnung, was er im „Spiegel“ geäußert hat Ich habe aus Solidarität mit unbekannten deutschen Musikern mitgemacht, die heute kaum noch eine Chance haben, im Radio gespielt zu werden. Durch die zahlreichen Privatsender ist unsere Rundfunk-Landschaft zur kulturellen Wüste ausgedorrt. Natürlich ist es uncool, eine Aktion wie die Kunzes zu unterstützen – aber nur, da man in den Verdacht gerät, sich selbst besser im Radio plazieren zu wollen. Das ist absurd. Das haben wir nicht nötig. Es geht nicht um arrivierte Bands, sondern um Newcomer.
Kunzes Kommentar ist doch charakteristisch für die leidige Debatte um nationale Identität, die Botho Strauß und Martin Walser immer schüren.
Ich glaube nicht, daß Kunze in diese Richtung tendiert. Ich bin sicher nicht sein größter Fan. Aber ich finde es gut, daß er die Courage hatte, dieses Problem anzusprechen – obwohl er wußte, daß er sich damit in die Nesseln setzen würde. Man kann das natürlich eleganter umschiffen wie jene Kollegen, die stets sagen, es sei egal, ob auf deutsch, englisch oder sonst was gesungen wird. Hauptsache, die Musik sei gut. Das ist blöde.
Einen Vorwurf der Deutschtümelei läßt Du demnach nicht gelten?
Wir fordern keinen Artenschutz für Bands, die deutsch singen. Es soll Musik von deutschen Bands – egal, in welcher Sprache sie singen – öfter im Radio gespielt werden. Die Quoten-Regelung in Frankreich ist auch nicht anders. Die spielen französische Bands, die englisch singen, auch im Radio. Im deutschen Radio läuft alles nach Format – die BAP-Lieblingsnummern der Rundfunkchefs sind die kürzesten unserer Platten. Und sie legen immer wieder nur „Verdamp lang her“ auf. Wenn du, wie die meisten jungen Bands, keinen Hit hast, wirst du nicht gespielt.
Was würde Springsteen sagen, sollten statt seiner nur Lieder von BAP gespielt werden?
Ihn würde das Quoten-Theater eher amüsieren. Jemand wie er wäre deswegen sicherlich nicht seltener im Radio zu hören. Natürlich bin ich nicht froh darüber, wenn alles nach Quote geregelt werden muß. Wenn jemand andere Vorschläge für mehr Chancengleichheit hat, soll er sie nennen. Mir fallen keine besseren ein.
Demnächst fahrt ihr eine Woche im Zug durch Deutschland und werbt mit Gigs in den Bahnhöfen für Album und Tour. Müssen heute selbst Veteranen so laut klappern, um gehört zu werden?
Wenn man böse ist, kann man uns das sicher unterstellen (lacht). Aber was ist falsch am Klappern? Ein gutes Album allein reicht heute längst nicht mehr aus, um die Medien für sich zu interessieren. Die Zug-Idee hat mich an die Stones erinnert, die live auf einem Tieflader gespielt haben und durch Manhattan gefahren sind. Nach dem Umbesetzungs-Streß bei BAP war es tolL daß sich die ganze Band für diese Idee begeisterte.
Für Percussionist Manfred „Schmal Boecker und Bassist Steve Bore ist der Zug abgefahren, dafür sind drei neue Musiker im Abteil. Einst hast Du gesagt; „Neuer change a winning team.“
Die Band hatte zuletzt einen irreparablen Kolbenfresser. Das war unübersehbar, als wir im letzten Jahr für die „Best of-Platte noch zwei neue Songs einspielten. Wie schwiegen uns nur noch an. Nach längeren Diskussionen kamen wir zur Einsicht, daß man eine kaputte Ehe nicht wegen der Nachbarn weiterfuhren soll. Steve und Schmal wurden, das möchte ich betonen, nicht gefeuert.
Was macht mehr Spaß – für Springsteen die zweite Gitarre zu spielen oder bei BAP den Ton anzugeben?
Ich habe geschwitzt. Zum Glück hat Bruce die Soli gespielt. Ich habe wie ein Besengter Akkorde gedroschen. Einen spontanen Gig wie dieser ist nicht wiederholbar. Du erlebst auch nur einmal den ersten Kuß.