Sido – Berlin, Fontanehaus
Ein Gang durch verschneite Alleen, vorbei an dem schick restaurierten Plattenbau am U-Bahnhof Wittenau, an kleinen Gärtchen vor schmucken Einfamilienhäusern. An einem Kappenträger mit Falschgoldkette, der seine Oma auf dem vereisten Gehweg stützt. An einem Tankwart, der einem freundlich lächelnd das Gehbier öffnet. Mondän und nett schaut’s aus im Märkischen Viertel – zumindest auf dem Weg zum Fontanehaus, wo Ende Januar die Aufzeichnung eines Sido-Gastspiels bei „MTV Unplugged“ stattfindet. Erst die Rausschmeißer und die solariumzerbräunten Damen verbreiten dann doch noch jenen Hauch von Ghetto-Feeling, den sich MTV vermutlich versprochen hat von dieser Örtlichkeit. Wenigstens ist da ein Protagonist aus Sidos „Mein Block“-Video: Der „Hab‘ keine Angst vor dem Typ mit dem Schlagring“-Typ steht lustig scherzend an der Theke.
Sido ist nach den Fantastischen Vier der zweite deutsche Rapper, der mit einem „MTV Unplugged“-Auftritt geehrt wird, weswegen die Inszenierung sichtlich um Entertainment für die ganze Familie und maximale Vielseitigkeit bemüht ist, statt den Abend im monotonen Sido-Flow ersaufen zu lassen. Ständig gibt es neue Bilder: Sido mit Aldi-Tüte und Jägermeister-Flasche auf einer Parkbank vor Plattenbaukulisse. Sido mit Kurt Krömer beim Song „Hey du“. Spielende Kinder bei „Mama ist stolz“, die dann schnell von der Bühne müssen, bevor Sido in „Fuffies im Club“ wieder die „Harten Nippel von Berlin“ besingt. Schließlich: Sido auf Knien vor Stephan Remmler, mit dem er gemeinsam „Da da da“ performt.
Das Ergebnis des Abends ist folglich gute (streckenweise sehr komische) Fernsehunterhaltung, die freilich trotz spannender Band mit New Yorker Straßenmusiker und Human Beatboxer – nicht automatisch auch gute Musik mit sich bringt. Sido kann einfach nur ein Tempo.