Serienhelden: Die Liste der Unsterblichen (Platz 11. bis 20.)
Hier finden Sie den zweiten Teil unserer Liste der unsterblichen Serienhelden. Mit dabei: Hank Moody, Bree Van de Kamp, Charlie Harper, Fitz, Dr. Mark Greene, Sonny Crockett u. a.
11. Hank Moody (Californication)
Mad Men“ kam später, und so war Hank Moody der erste Nichteuropäer seit langer Zeit, der im US-Fernsehen rauchte. Außerdem fährt Moody Porsche, ist Alkoholiker und googelt sich gern selbst. Einzelne Handlungsabschnitte von „Californication“ werden mit einer rittlings auf Moody sitzenden Frau abgeschlossen oder eingeleitet. In einem anderen Leben hatte Hank Moody eine bürgerliche Beziehung, der die Tochter Becca entsprang. Damals schrieb er auch den Erfolgsroman „God Hates Us All“. Der defätistische Autor ist zu gleichen Teilen von sich selbst angeekelter Zyniker und Narziss. Der angeblich sexsüchtige David Duchovny hatte in „Akte X“ geglänzt, aber erst Hank Moody wurde zur Rolle seines Lebens. Es ist ein bisschen wie bei Charlie Sheen.
Torsten Groß
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12. Bree Van de Kamp (Desperate Housewives)
Unter den „Desperate Housewives“ ist Bree Van de Kamp diejenige, die man theoretisch am wenigsten mögen müsste: Republikanerin, Schusswaffenfreundin, Über-Hausfrau, Putzfetischistin, Mutterglucke – die perfekte Spießerin. Aber hinter Brees blank gewienerter Fassade brodelt es immer, und es gelingt ihr nie, ihre moralischen Überzeugungen wirklich umzusetzen. Sie dreht sogar häufiger durch als alle anderen. Bree (Marcia Cross) ist vielleicht die Verrückteste unter den Verrückten der Wisteria Lane, aber sie wird stets versuchen, das durch noch aufwendigere Menüs und noch gepflegtere Vorgärten zu kaschieren. Grace under pressure.
Birgit Fuß
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13. Charlie Harper (Two And A Half Man)
Gott hab ihn selig. Mit der verkürzten achten Staffel musste der manische Frauenbeglücker, grandios lakonische Bonmot-Generator und trinkfeste Vollzeithedonist aus Malibu in den Serienhimmel eingehen, weil Charlie Sheen seiner Figur immer ähnlicher wurde. Damit ist ihm der Legendenstatus endgültig sicher. Die kleinen Erniedrigungsdialoge, die Charlie gegen seinen bürgerlich-vertrottelten Bruder Alan inszeniert, sekundiert von dessen naseweisem Sohn Jake und dem Haushaltsdragoner Berta, sind von einem schlafwandlerischen Timing und einer so herzhaften Niedertracht, dass alle Preise absolut in Ordnung gehen. Charlie, obligatorisch in Shorts und Hawai-Hemd, verdient sich als Komponist von kleinen Nichtigkeiten eine goldene Nase. Im Schlaf mithin! Ein Traum aller Burnout-gefährdeten Mittvierziger.
Frank Schäfer
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14. Fitz (Für alle Fälle Fitz)
Er ist Kettenraucher, alkohol- und spielsüchtig, gefräßig und geschwätzig, und bei Gelegenheit wird er seiner Frau untreu: Robbie Coltrane spielte in den 90er-Jahren den Psychologen Dr. Edward Fitzgerald als Dampframme der Empathie und Kanone menschlicher Gelüste. Für die tumben Beamten von der Polizei fragt er die Kindheit, die Eltern, perversen Sex, Fetische, heimliche Leidenschaften und Obsessionen aus den Delinquenten – Coltranes physische Präsenz, sein Sarkasmus und seine Sprache erlauben den schaudernden Blick in die steilsten Abgründe der Existenz.
Arne Willander
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15. Dr. Mark Greene (Emergency Room)
Was fehlt Ihnen?“, fragt Dr. Mark Greene eine seiner letzten Patientinnen. „Ich habe eine Nagelhautentzündung“, schimpft sie, „die ist sehr schmerzhaft.“ „Ich habe einen Hirntumor, der inoperabel ist“, sagt Greene, „ich gewinne!“ „Emergency Room“ (1994–2009) war eigentlich ein Entwicklungsroman, der von John Carter (Noah Wyle) erzählte, der als Medizinstudent am Country General in Chicago anfängt und später nach Afrika gehen wird. Doch Mark Greene (Anthony Edwards) war als Oberarzt der Notaufnahme die gute Seele in Michael Crichtons Serie. Als sie diesen schüchtern-zuverlässigen Typen, der gern so smart wie der Kinderarzt Doug Ross (George Clooney) gewesen wäre, in der achten von 15 Staffeln an Krebs sterben ließen, hörte das Herz der bis dahin besten aller Krankenhausserien auf zu schlagen.
Gunther Reinhardt
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16. Sonny Crockett (Miami Vice)
Kuriose Idee eigentlich, ausgerechnet Cops so modisch auszustaffieren, dass sie sogar zu Stil-Ikonen des Jahrzehnts taugen. Man erinnere sich an die Bundfaltenhose von Sonny Crockett, das pastellige T-Shirt zum sandstrandweißen Anzug, Jackettärmel gern bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt, nicht zu vergessen die Ray-Ban-Wayfarer etc. Aber wir sind hier auch nicht in New York oder San Francisco, sondern in Florida! Damit so ein Mode-Geck zugleich als knallharter Ermittler durchgehen kann, spielt man gern auf seine virile Vergangenheit als Vietnam-Veteran und Beinahe-Football-Profi an, lässt ihn moralisch nicht immer ganz astrein aus der Wäsche schauen und eine impulsive Grundaggressivität an den Tag legen. Die Jacht mit Alligator Elvis als Haustier war dann schon wieder fast etwas zu mondän.
Frank Schäfer
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17. Sydney Bristow (Alias)
Bevor uns J.J. Abrams mit „Lost“ verrückt machte, erfand er eine irre Geschichte um eine Doppelagentin, die sich mit Bösewichten aller Art, einem zwielichtigen Vater und einer Hexe von Mutter herumschlagen muss, der einige geliebte Menschen genommen werden und fast auch der Glaube an das Gute. Es geht um geheimnisvolle Artefakte und unerklärliche Phänomene, aber das Spektakulärste an „Alias“ ist die Hauptfigur: Sydney ist hochintelligent und kann diverse Kampfsportarten, sie schlüpft in die wildesten Verkleidungen und legt mit ihrer Eleganz und Energie fast alle Widersacher rein. Jennifer Garner kostete die Rolle viel physische Kraft, doch sie spielte auch die zarten Momente mit feinem Gespür für diese gebrochene, aber niemals demoralisierte Frau. Trotz des haarsträubenden Endes: Eine stärkere Heldin als Sydney Bristow muss man im Fernsehen lange suchen.
Birgit Fuß
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18. Jack Bauer (24)
Es war wohl ein Zufall, aber „24“ begann kurz nach dem 11. September 2001, und die Serie passte perfekt in die Dekade der Unsicherheit. Jack Bauer wurde zum amerikanischsten aller Fernsehhelden, im Positiven wie Negativen. Als Agent der Anti-Terror-Einheit CTU kämpfte er mit allen Mitteln gegen das Böse, diverse Foltermethoden inklusive. Acht Staffeln lang quälte er zum Schutz des Vaterlandes andere und noch mehr sich selbst, wurde gejagt, betrogen und verraten. Man war geneigt, ihm seine brutalen Fehltritte zu verzeihen, weil er so verzweifelt aussah und jederzeit klar war, dass er am Ende vielleicht eine Stadt oder gar ein Land retten konnte, aber nie seinen Seelenfrieden. Für Kiefer Sutherland die Rolle seines Lebens, und nebenbei erfanden die Drehbuchautoren die „Echtzeitserie“. Wegen der Werbepausen dauerte eine „24“-Stunde zwar nur 42 Minuten, aber wer mal versucht hat, alle Folgen einer Staffel hintereinander zu gucken, der weiß, wie hart ein Tag von Jack Bauer war.
Birgit Fuß
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19. Thomas Magnum (Magnum)
Aloha, Vietnam: „Magnum“ thematisierte Anfang der 80er-Jahre erstmals das Trauma des Vietnamkrieges im Rahmen einer Mainstream-TV-Serie. Mit einem von Kriegserinnerungen geplagten Hauptdarsteller, dem Vorschriften nichts mehr gelten, Freundschaft und Loyalität dafür alles. Thomas Magnum ist ein trauriger Sympath, der im sonnigen Hawaii ein einigermaßen unbehelligtes Leben fernab vom Dschungelkrieg führen will. Und als Privatdetektiv doch das tun muss, was er am besten kann: in Gefahr schweben, Kugeln ausweichen, seine Leute retten. „Magnum“ ist natürlich vor allem eine amüsante Krimiserie mit pointierten Running Gags und exotischen Kulissen. Doch es steckt mehr in den komplexen Plots, und man spürt allen Männern ihre Gebrochenheit ab – dem halbseidenen Rick ebenso wie dem überkorrekten Higgins.
Jörn Schlüter
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20. Liz Lemon (30 Rock)
Auf der einen Seite ihr selbstgefälliger Boss Jack Donaghy (Alec Baldwin), der findet, dass das Programmieren von Mikrowellen komplizierter ist, als Fernsehen zu machen. Auf der anderen zwei zankende exzentrisch-egozentrische Stars (Tracy Morgan als Tracy Jordan und Jane Krakowski als Jenna Maroney). Und dazwischen Liz Lemon (Tina Fey) – paranoid, hypernervös, nerdy –, die als Chefautorin versucht, am 30 Rockefeller Plaza in Manhattan die NBC-Show „TGS with Tracy Jordan“ am Laufen zu halten. Wie im wirklichen Leben halt. Tina Fey verarbeitet in „30 Rock“ (seit 2006) als Produzentin, Autorin und Hauptdarstellerin ihre Erfahrungen bei „Saturday Night Live“, macht die Comedyserie zu einer Real- und Mediensatire, einer jazzigen Ensemblekomödie, aber irgendwie auch zur One-Woman-Show der Liz Lemon.
Gunther Reinhardt