Seelenwäsche

Der Ehemann ist weg, die Band auch. Allein mit der Gitarre fand SUZANNE VEGA wieder zu sich

Das Wort missfällt ihr. „Ich mag keine Platten, die als ,persönlich‘ gelten“, sagt Suzanne Vega, „weil es die Musik abwertet, wenn es heißt: ,Ach, sie schreibt ja diese persönlichen Sachen über Frauen!'“

Dann räumt die New brkerin aber ein, dass „Songs/n Red And Grey“ gewiss ihr „persönlichstes Album“ sei, dazu so direkt wie keine ihre vorigen Platten. „Das ist schön, weil ich so besser mit den Leuten kommuniziere. Ein Song wie ,Soütaire‘ kommt sofort rüber. ,Widows‘ Walk‘? Okay, da muss man die Situation berücksichtigen.“

Die Situation ist die, dass ihre Ehe mit Mitchell Froom leider nur von kurzer Dauer war. Eine Scheidung mit persönlichen wie musikalischen Konsequenzen. Froom (der unter anderem auchCrowded House, Richard Thompson und American Music Club produziert hat) hatte für Suzanne Vega, der jetzt allein erziehenden Mutter von Tochter Ruby, 1992 mit dem Album „99.9 ° F. „einen neuen Sound entworfen. „Industrial Folk“ raunte begeistert die Kritik, die Suzanne Vega noch Mitte der Achtziger voller Begeisterung in die Kategorie der empfindsamen Songwriter-Trine geschoben hatte. „Zusammen mit Mitchell spielten seine Musiker auf meinen Platten. Nach der Trennung nahm er sie auch wieder mit“, sagt die Sängerin und lacht.

Sonst seufzt sie auch mal, wenn von ihrem Ex-Ehemann die Rede ist Ihr sei „keine andere Wahl geblieben, als zu dem zurückzukehren, was ich schon vorher gut kannte“. Das heißt: zur akustischen Gitarre. Rupert Hine, Vegas neuer Produzent, sei „wahrscheinlich sogar ein bisschen enttäuscht“ gewesen, „dass wir nicht mehr experimentiert haben“, vermutet sie. „Aber für mich sollte die Gitarre wieder im Zentrum stehen – ohne dass es gleich wie ein Folk-Album aus den 60er Jahren klingt.“

Neue Songs wie „Soap 8C Water und „Penitent“ unterziehen die schmutzige Scheidungs-Wäsche einer „spirituellen Reinigung“. Suzanne Vega haderte nicht nur mit der Frage, ob sie vielleicht „für irgendetwas bestraft“ werde. Depressive Anflüge kontert sie in „Last Year’s Troubles“ mit einem tröstenden Blick auf die kostümierte Pein, die die Menschen im viktorianischen Zeitalter zu ertragen hatten: „Früher war es doch genauso schlimm wie heute- nur haben die Leute interessantere Kleidung angezogen“, lacht Vega, „aber vielleicht wird man sich in 100 Jahren Bilder von uns in Gap-Klamotten anschauen und denken: Oh, wie malerisch!“

Das Bild, das Vega über die Jahre und Turbulenzen hinweg von sich selbst gewonnen hat, weist heute klarere Konturen auf. Die Reminiszenz an die frühere Tanzlehrerin („Priscilla“) bleibt aber der einzige Song in Rot und Grau, der das Altern explizit aufs Tableau hebt. „Klar beschäftigt mich das“, sinniert Vega, just 42 geworden. „Aber für mich ist es auch eine neue Art von Freiheit Weil dieser Konkurrenzdruck von früher weg ist und du mit den Jahren die Lizenz dafür bekommst, exzentrischer zu werden.‘ Und wieder grinst sie. „Du musst dich nicht mehr verstellen und kannst deine Grenzen selbst ziehen. Früher habe ich mich oft gefragt: Warum bin ich nicht jemand ganz anderes? Damals mit ,Luka‘ hatte ich Erfolg und wurde gepriesen. Aber es hieß auch: Warum ist sie so blass? Warum trägt sie schwarze Sachen? Warum ist sie nicht sexy? Heute weiß ich, dass ich das überhaupt nicht nötig habe.“

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