Sean Penn inszeniert seine Flucht aus der Ukraine
Abgang statt Dreharbeiten. Der Hollywood-Regisseur muss sich fragen lassen, ob er mit der Rückkehr nach Kiew nicht Erwartungen geweckt hat, die er nie erfüllen konnte
Ein Foto mit Rollkoffer im Gegenlicht. So hat Sean Penn per Twitter seinen Abgang aus der Ukraine dokumentiert. Vorbei an einem endlosen Stau mit Flüchtlingen aus allen Landesteilen. „Ich und zwei Kollegen sind kilometerweit zur polnischen Grenze gelaufen, nachdem wir unser Auto am Straßenrand stehen gelassen hatten“, schrieb er dazu.
Die überstürzte Aktion war nötig geworden, nachdem Penn im Rahmen seines Dokumentarfilmes über den Ukraine-Konflikt in der letzten Woche noch einmal nach Kiew zurückkehrte. Bereits im Herbst 2021 drehte er im Land, auch in der umkämpften Donbas-Region.
Vielerorts wurde er für seinen Schneid bewundert, das Projekt nun fortzuführen. Mitten hinein in den losbrechenden Krieg. Auch von Seite der ukrainischen Regierung bekam er Anerkennung: „Unser Land ist ihm dankbar für so viel Mut und Ehrlichkeit“, hieß es aus dem Präsidialamt.
Mittlerweile häufen sich nun kritische Stimmen. „Dieser Mann ist ein Adrenalin-Junkie! Er ist reich und gelangweilt. Er gefällt sich darin Alarm zu machen. Zuerst El Chapo, dann dicke Hose im Krieg!!“, schreib User War_West auf dem Content-Portal reddit. „Er sieht sich wohl als ein moderner Hemingway“ vermutet teanaway99 in der zum eigenen Diskussionsstrang angewachsenen Debatte.
In der Tat muss sich Sean Penn fragen lassen, ob seine Publicity-trächtige Rückkehr wirklich eine hilfreiche Aktion war. Zumal gerade in der Ukraine viele davon ausgegangen waren, er würde seine Doku unter den immer extremer werdenden Bedingungen fortsetzen. Und somit ein quasi-heldenhaftes Zeichen setzen. Noch Ende letzter Woche hatte er Putin in einer Reihe von Tweets für die Invasion verurteilt. Darin forderte er Washington auf, die Souveränität der Ukraine zu schützen.
Es sei „nicht immer ideal, dass ein Hollywood-Schauspieler mitten in einer humanitären Krise ankommt“, formulierte milde das amerikanische Popkultur-Magazin „Uproxx“. Doch immerhin wäre die ukrainische Regierung dankbar, dass Penn sich der Ereignisse vor Ort annehmen würde.
Nun die schnelle Rolle rückwärts. Was persönlich absolut verständlich sein mag, ist in der politischen Außenwirkung zur oberflächlichen Show-Aktion geworden. Angesichts von Dauerbombardierung und hunderten Toten wirkt die Inszenierung seines „Escape from Kiew“ selbstgerecht und peinlich. Wie Wasser auf die Mühlen der russischen Propaganda: Wenn es ernst wird, macht sich der Westen vom Acker. Selbst wenn es nur ein Schauspieler ist.